Die Verkaufszentrale der DPUG: 1923-1926
Vereinigte Werke Deutscher Uhrmacher G.m.b.H. Leipzig Johannisplatz 2
Gegündet wurde die Uhrenfabrik Hohenstein G.m.b.H. in Hohenstein-Ernstthal (Sa.), 1923 von der Deutschen Präzisions-Uhrenfabrik Glashütte e.G.m.b.H. (DPUG). Die Produktionsräume befanden sich im Erdgeschoß des ebenfalls im Besitz der DPUG befindlichen Wohnhauses der leitenden Angestellten, Dresdener Straße 59. [2] Die bereits seit dem Sommer 1920 in Hohenstein-Ernstthal existierende Abteilung Gehäusefertigung der DPUG wurde in diese G.m.b.H. integriert. Geschäftsführer war der Generaldirektor der DPUG Muschan Nach dessen Ablösung im Frühjahr 1925 wurden die bisherigen Betriebsteilleiter, die Herren Ambros, Nirschl und Karl Heinrich Rumpf als Geschäftsführer bestellt. [4] Nach dem Konkurs der DPUG im Juni 1925 sollte die rentabel arbeitende Uhrenfabrik Hauptlieferant der neu gegründeten Uhrmacher Vertriebsorganisation "Centra" werden. [5]
Derzeit sind drei verschiedene Uhrenmodelle bekannt, die für die "Centra" bis 1926/27 gefertigt wurden. Diese Modelle wurden bereits vorher für die Vereinigten Werke Deutscher Uhrmacher G.m.b.H. (Vau We), die Führungs- und Vertriebs- gesellschaft der DPUG, in Leipzig gefertigt.[6] Im Fühjahr 1926 scheidet der Geschäftsführer Karl Heinrich Rumpf aus. Als neuer Geschäftsführer wurde ab 08. April 1926 der vormalige Justiziar des Zentralverbandes der Deutschen Uhrmacher und Geschäftsführer der Vereinigten Werke Deutscher Uhrmacher (Vau We) in Leipzig, Dr. Jur. Ernst Kurtz, berufen. [8]
Erstbeschreibung der Taschenuhr "Marke VauWe", die in der zur DPUG Gehörenden Uhrenfabrik Hohenstein gefertigt wurde.
….. „Das Werk der in den Abbildungen 5 und 6 gezeigten Taschenuhr
mit der Beschriftung VaulWe Glashütte Sa, hateinen Durchmesser von 43 Millimeter. Es ist auf einermassiven Grundplatte aufgebaut. Ein Kupplungsaufzug wurde verwendet, das kleine Aufzugrad weist doppelte Zahnung auf. Die Zeigerstellung erfolgt nach dem Ziehen der Krone. Die drei Laufwerkräder finden ihr Lager in einer Brücke; auf der sich die Bezeichnung WaulWe Glashütte (Sa. } befindet. Das Stahlankerrad mit abgeschrägten Zähnen und der Stahlanker mit sichtbaren Paletten sind in Kloben gelagert. Das Werk hat 16 Steine, die vier sichtbaren Steine vom Minuten- bis zum Gangrad sind in eingepreßten, goldfarbigen Chatons gefaßt. Die Werkplatte, die Brücken und Kloben sowie die Laufwerkräder sind vergoklet worden. Der ungleicharmige Anker wird von zwei in die Werkplatte gedrückten Messingstiften begrenzt. Eine aufgeschnittene Messing-Stahlunruh von 16 Millimeter Durchmesser und mit 18 Unruhschrauben sowie ein
Doppelplateau mit halbrundem Hebelstein fanden Verwendung. Die blaue Breguetspirale ist in einem viereckigen Spiralklötzchen befestigt. Zur Feinstellung wurde eine Schwanenhalsfeder angebracht. Das gegossene und goldplattierte Savonnettegehäuse weist an der Wandung eine Blattreihung auf. Die Deckelränder sind von einer gegossenen, sich abwechselnden Punkt-Ornamentreihung umzogen, während eine guillochierte rhombische Flächenreihung die Deckelflächen ziert. Der Pendant und der Bügel sind ebenfalls mit gepossenen Ornamenten versehen. Auf beiden Innenflächen der Gehäusedeckel ist der Hinweis: Walzgold Double, 20 Mierons, 10 Jahre Garantie angebracht, Darunter befindet sich ein Punzenzeichen
MG BM Geneve und die Nr. 936746." Die in den Bildern vorgestellte Taschenuhr weicht hinsichtlich des Aufbaus und der Qualität der Vollendung vonder typischen Glashütter Bau- und Ausführungsweise
ab, Wie erwähnt, handelt es sich um Erzeugnisse, die vom Glashütter Namen profitieren sollten.
"In der Deutschen Uhrmacherzeitung vom 20. Oktober 1934 findet sich eine Erklärung zu dem Begriff »Glashütter Uhr«. Dort wird mitgeteilt, daß in Gutachten der Industrie- und Handelskammer Dresden festgestellt wurde, daß der Begriff »Glashütter Uhren« nicht nur eine Herkunfts-, sondern auch eine Qualitätsbezeichnung bedeutet. In Glashütte seien früher nur Uhren von feinster Qualitäthergestellt worden, die Weltruf erlangten.“ …….
Quelle: Fachzeitschrift "Alte Uhren" Nr.03/1985 S.33-34 Autor: Jörg Hein, Berlin
Von 1923 bis 1925 wurden in der Uhrenfabrik Hohenstein aus zugekauften Rohwerken der Firma Buser und Emile Judith (Schweiz), 2000 Taschenuhren remontiert. [9] Auf der Generalversammlung der Deutschen Präzisions-Uhrenfabrik, e.G.m.b.H., Glashütte am 12. Januar 1925 in Dresden, wurde in der Bilanz für die Uhrenfabrik Hohenstein der veranschlagte Umsatz von 40.000 Mark ausgewiesen. [10]
TU der zur Deutschen Präzisions-Uhrenfabrik Glashütte e.G.m.b.H gehörenden Uhrenfabrik Hohenstein-Ernstthal
Die hier gezeigte 19-linige Taschenuhr mit 16, zum Teil in Goldchatons fest gefassten Rubinen, Kompensationsunruh, Breguespirale und Schwanenhals-Feinregulierung basiert auf einem Rohwerk der Schweizer Firma Emile Judith, welches in der 1923 von der „Deutschen Präzisions-Uhrenfabrik e.G.m.b.H. Glashütte“ (DPUG) in Hohenstein–Ernstthal gegründeten „Uhrenfabrik Hohenstein-Ernstthal G.m.b.H.“ remontiert und fein vollendet wurde. Vertrieben wurden die in dieser Uhrenfabrik gefertigten Taschenuhren unter der Marke „Vau WE“ von der ebenfalls zur DPUG gehörigen Firma „Vereinigte Werke Deutscher Uhrmacher G.m.b.H.“ in Leipzig, Johannisplatz 2. Mit dem Konkurs der DPUG 1925 und der damit verbundenen Liquidierung der Vereinigten Werke in Leipzig ging zwar die Marke „VAUWE“ unter, nicht aber die Fertigung dieser Werke. 1926 remontierte die Uhrenfabrik Hohenstein-Ernstthal mit dem neuen Geschäftsführer Dr. Ernst Kurtz diese Werke unter der Marke „Centra“. Nach dem Kauf der in Konkurs gegangenen Uhrenfabrik Emile Judith in Biel durch die Girozentrale Sachsen überführte Dr. Ernst Kurtz 1927 als berufener Vorstand der neu gegründeten Uhrenfabrik Akt. Ges. Glashütte und der Uhren-Rohwerkefabrik Akt. Ges. Glashütte diese Taschenuhrfertigung nach Glashütte.
Bei der 18-linigen Taschenuhr mit Zylinderhemmung handelte es sich um das ab 1927 von der UFAG unter dem Markennahmen geschützte Modell "UNUS". Diese Uhr im Silbergehäuse kostete 1925 18,50 Mark. Das Zylinderwerk stammt von der Rohwerkefabrik Albert Buser. Die Rohwerke für die beiden 18 ½ und 19-linigen Taschenuhren mit Ankerwerken zu 27,- und 32,- Mark, stammten von der Schweizer Firma Emile Judith. Ob und in welchen Umfang in Hohenstein-Ernstthal auch Armbanduhren mit Schweizer Rohwerken remontiert wurden, ist derzeit noch Gegenstand weiterer Recherchen.
Die Einkaufspreise betragen für Nr. 3 17,50 Mark, Nr. 5, 32g 25,60 Mark, 26g 24,60 Mark und Nr. 7 30,40 Mark. Man rechnete damals also mit Gewinnspannen von ca. 80 %
1926
Nach dem Konkurs der DPUG kommt es zur Zwangsversteigerung der Liegenschaften und Einrichtungen der Gehäuse- und Uhrenfabrik Hohenstein. Die Girozentrale Sachsen, die 1922 die Kreditmittel in Höhe von 150.000 Mark zum Kauf der Liegenschaften der DPUG zur Verfügung stellte, ersteigerte diese aus der konkursmasse der DPUG 1927 für 26.600 Mark. Die Taschuhrmodelle wurden nach der Eingliederung der Uhrenfabrik Hohenstein in die Glashütter Aktiengesellschaften UROFA und UFAG weiter gefertigt. Vorstand der beiden Glashütter Aktiengesellschaften war ebenfalls Dr. jur. Ernst Kurtz.
1927- Bilanz der Uhrenfertigung in Hohenstein-Ernstthal
Auf der Hauptversammling der DPUG im Januar 1925 wurden im Bericht des damaligen Generaldirektors Muschan erstmals Zahlen der in der Uhrenfabrik Hohenstein, seit ihrer Gründung im Jahr 1923 remontierten Uhren genannt. Es sollen in den zwei Jahren 2000 Stück gefertigt worden sein, was auf ein ca. Kapazität von 1000 Uhren pro Jahr schließen lässt. Da die Firma 1928 im Telefonbuch von 1928 nicht mehr verzeichnte war, ist davon auszugehen, dass es ab diesem Jahr die Uhrenfertigung in Hohenstein- Ernstthal eingestellt worden ist. Die Fertigung in den Jahren 1925 bis 1927 (in diesm Jahr wurde noch die Marke UNUS zum Gebrauchsmusterschutz angemeldet), kann derzeit nur geschätzt werden. Bei den begrenzten Räumlichen und personellen Möglichkeiten, dürften die Fertigungszahlen, die der ersten zwei Jahre kaum übertoffen haben. Das deutet auf eine Gesamtfertigung von ca. Taschenuhren 4000 Uhren hin. Eine weitergehende mengenmäßige Differenzierung nach dem Zylinderuhrmodell UNUS und dem Ankeruhrmodell mit dem Schweizer Rohwerk der 1925 in Konkurs gegangenen und von der UROFA aufgekauften Schweizer Firma Emilé Judith aus Biel, ist zumindet zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich.
1936, 18 Jahre nach der Gründung, wurde die Firma Uhrenfabrik Hohenstein-Ernstthal aus dem Handelsregister gelöscht und hörte damit auf zu bestehen. Da die Firma aber breits 1929 nicht mehr im Telefonbuch der Stadt auftaucht, kann davon ausgegangen werden, dass Dr. Kurtz die Uhrenfertigung zu diesem Zeitpunkt bereits nach Glashütte verlagert hatte. Die Fertigung von Gehäusen wurde in diesem Zusammenhang ganz aufgegeben und die benötigten Gehäuse z.B. von der Firma Rauh in Pforzheim zugekauft.
Der Gebäudekomplex der ehemaligen Gehäusefertigung der DPUG und der Uhrenfabrik Hohenstein-Ernstthal, Dresdner Straße 59/61 heute.
So gut wie nichts erinnert heute noch an die einstige Produktionsstätte
[1] Allgemeines Journal der Uhrmacherkunst Nr. 24 v. 15. Dez 1920 S.342
[2] Allgemeines Journal der Uhrmacherkunst Nr. 48 v.26. Nov. 1926 S.934
[3] Allgemeines Journal der Uhrmacherkunst Nr. 52 v.31. Dez. 1923 Anzeigen III
[4] Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr. 15 v. 11 April 1925 S. 298
[5] Allgemeines Journal der Uhrmacherkunst Nr. 10 v. 06. März 1925 S. 191
[6] Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr. 10 v. 07. März 1925 S. 195
[7] Klassik Uhren
[8] Allgemeines Journal der Uhrmacherkunst Nr. 26 v. 25. Juni 1926 S. 504
[9] Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr. 4 v. 24. Jan. 1925 S. 62
[10] Allgemeines Journal der Uhrmacherkunst Nr.4 v. 23. Jan.1925 Titelseite
[11] Allgemeines Journal der Uhrmacherkunst Nr. 32 v. 3. August 1923 Anzeigenteil
[12] Saxonia-Heft Nr. 24, 1923
[13] Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr. 19 v. 07. März 1925 S. 195
[14] Deutsche Uhrmacherzeitung Nr. 35 v. 29. August 1925, S. 716
[15] Allgemeines Journal der Uhrmacherkunst Nr. 21 v. 21. Mai 1926, S. 403
[16] Auszug Grundbuch Hohenstein, Nr. 16 Blatt 460
[17] Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr. 4 v. 24. Jan. 1925 S.62
[17] Uhrmacherkunst Nr. 39 v. 25. September 1936, S. 539
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.