1917, noch während des ersten Weltkrieges, brachte Georg Heinrich, der seit 1911 der alleinige Inhaber der Firma J. Assmann war, seine Firma lediglich als Zweignieder- lassung in die Thüringer Uhrenfabrik Edmund Herrmann AG, dem späteren Hermann Konzern, ein. Damit verlor mit der Wiederaunahme der Uhrenfertigung im letzten Kriegsjahr eine der ersten und bedeutensten Glashütter Traditionsfirmen nach 65 Jahren des Bestehens ihre Selbständigkeit. [1]
1919
Mit dem Ausscheiden des seit 1911 alleinigen Firmeninhabers Georg Arwin Heinrich zu Beginn des Jahres 1919 war das Ende der altehrwürdigen Glashütter Firma J. Assmann, die Julius Aßmann am 1. Oktober 1852 gegründet hatte, besiegelt. Was noch sechs Jahre bis zum Konkurs des Herrmann-Konzerns blieb, war nur noch der Name.
Der Kauf der Firma J. Assmann durch die Thüringer Uhren-Fabrik Edmund Herrmann Aktien-Gesellschaft, diente hauptsächlich dazu, das eigene Renommee mit den Auszeichnungen der Firma J. Assman aufzuwerten, wie der nachstehend Briefkopf belegt.
Die hier gezeigte, späte 15-steinige Savonette-Taschenuhr Kaliber 43 der Firma J. Assmann weist einige beachtenswerte Besonderheiten auf. Das seit 1902 im Fertigungsprogramm der Firma befindliche Brückenwerk, welches als Rohwerk-Sonderanfertigung von der Schweizer Firma Le Coultre & Cie. aus Sentier zugekauft wurde, hat hier im Gegensatz zur der in der Standardbauweise verwendeten offenen Schweizer Palettenankerhemmung mit Moustasch-Ausgleichsanker die klassische Glashütter Ankerhemmung mit verdeckten Paletten, Goldanker und Goldankerrad. Das mit 40 Micron vergoldete Savonettegehäuse weist einen Büffel als Gehäusepunze auf und stammt vermutlich von der Pforzheimer Firma Georg Rauh. Da Werk- und Gehäusenummern übereinstimmen, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um das Originalgehäuse handelt. Die hohe Werknummer 22913 und das im Gegensatz zu den üblichen Massivgoldgehäusen verwendete vergoldete Gehäuse deuten daraufhin, dass die Uhr erst nach dem 1917 erfolgten Verkauf der Firma J. Assmann durch den alleinigen Eigentümer Georg Heinrich an die Thüringer Uhrenfabrik Edmund Hermann AG gefertigt wurde.
1921 wurde der Hauptsitz der Zeigniederlassung nach Berlin verlegt und gleichzeitig die Prokura des vormaligen Besitzers der Firma J. Assmann, Georg Armin Heinrich, der ab 1919 nur noch als angestellter Prokurist beschäftigt war, erheblich eingeschränkt. Spätestens ab diesen Zeitpunkt kann man wohl kaum noch von einer Glashütter Taschenuhrenfabrik J. Assmann sprechen. [2]
Aus der Tatsache, dass auf dem Verbandstag der schlesischen Uhrmacher Ende Mai 1921 kritisierend bekannt gegeben wurde, dass die Zweigniederlassung der Edmund Herrmann AG J. Assmann Glashütte, ihre Uhren, anders als allgemein üblich, durch nicht aus dem Fach stammende Vertreter vertreiben lässt und ein diesbezügliches kritisches Anschreiben des Verbandes an die Firma unbeantwortet blieb, lässt sich ableiten, dass die früher ohne Zweifel untadeligen Geschäftspraktiken der Firma J. Assmann in der neuen Firma nichts mehr galten. [13]
Welche Rolle die Glashütter Zweigniederlassung der Thüringer Edmund Hermann AG Berlin spielte, kann man recht gut aus der 1922 veröffentlichten Bilanzsumme aus dem Jahr 1921 ersehen. Nach der Hauptversammlung beträgt das Aktienkapital der Gesellschaft 14.000.000 Mark. Der Anteil von J. Assmann beträgt mit 275.000 Mark gerade einmal 1,9%. [3]
Vergoldete Savonette Taschenuhr der Glashütter Firma J. Assmann
Bei der hier vorgestellten komplett mit Etui und Garantieschein erhaltenen Savonette Präzisionstaschenuhr der Glashütter Firma J. Assmann, mit der identischen Werk- und Gehäusenummer 24427, handelt es sich um eine Taschenuhr, die um 1923, währen der Hyperinflation in Deutschland, mit einem mit 40 Micron vergoldeten Gehäuse gefertigt wurde und die insofern schon eine seltene Ausführung darstellt. Der Feingehalt beträgt 585/1000g. Darauf wurde von der Firma J. Assmann eine Garantie von 25-Jahren gewährt. An der hohen Qualität des handwerklich gefertigten 15-steinigen Präzisionswerkes, mit Glashütter Hemmung wurden aber keinerlei Abstriche gemacht.
Aus der Lausitz wurde im Februar 1923 beim Zentralverband der Deutschen Uhrmacher angefragt, ob der Verbandsleitung bekannt wäre, dass die Firma J. Assmann Zweigniederlassung der Hermann AG, ihre Uhren unmittelbar an Privatpersonen verkauft. Da das für die Uhrmacher geschäftsschädigend war, war die Verbandsleitung gehalten sie mit der Firma in Verbindung zu setzen um gegebenenfalls die Einstellung derartiger Geschäftspraktiken zufordern. [15]
Die Antwort dürfte wohl für einigen Unmut unter den Verbandsfunktionären gesorgt haben.
1923
Späte, nicht mehr unterteilte Zifferblattvariante
1924 hatte sich die "Thühringer Uhrenfabrik AG" zum sogenannten "Herrmann-Konzern" gemausert und ein kaum mehr zu überschauendes Firmenkonglomerat aufgebaut. Der "Rote Riese vor der Mutation zum Weißen Zwerg".
1925
Eine desaströse Geschäftsführung, Kriegsfolgen, Inflation, die Aufhebung der Ausfuhrsperre für Schweizer Uhren 1924 und der in der Folge schwache Absatzmarkt brachten dem Firmenverbund der Edmund Herrmann AG 1925 das Ende. Mit vermutlich "gefüllten Taschen" entzieht sich der Vorstand, der Geheimrat Edmund Hermann, der Verantwortung. Er hatte sich mit "unbekanntem Ziel" ins Ausland abgesetzt. [4]
Am 12. Dezember 1925 wurde in der Uhrmacher-Woche Nr. 50 dazu in der Rubrik Handelsgerichtliche Eintragungen folgendes veröffentlicht:
„Firma J. Aßmann, Zweigniederlassung der Thüringer Uhrenfabrik Edmund Herrmann A.-G. in Glashütte i. Sa.
Geh. Regierungsrat Edm. Herrmann ist nicht mehr Vorstand.
Zu Vorstandsmitgliedern sind bestellt: 1. der Kaufmann Heinrich Möllhusen in Berlin-Grunewald, 2. der Kaufmann Curt Haller in Berlin-Zehlendorf, 3. der Kaufmann Curt Schürer in Villingen (Baden). Die Vertretung durch den Vorstand erfolgt in der Weise, daß je zwei der Vorstandsmitglieder die Gesellschaft zeichnen und vertreten. Die Prokuren des Kaufmanns Georg Armin Heinrich in Glashütte, des Direktors Franz Wermes in Berlin-Zehlendorf und des Rechtsanwalts Manfred Goldberger in Berlin-Schöneberg sind erloschen." [5]
Davon betroffen war auch die damalige Zweigniederlassung der Edmund Herrmann AG in Glashütte, die Firma J. Assmann in Glashütte.
Bei der in der Pressemitteilung mit den Worten „Auf den Rat eines in Uhrmacherkreisen sehr angesehenen Mannes, welcher an der Umwandlung der Thüringer Uhrenfabrik in eine Aktiengesellschaft beteiligt war und ihr als Aufsichtsrat jahrelang angehörte … .“ umschriebenen Person dürfte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um den Verleger und Vorsitzenden des Deutschen Uhrmacherbundes Carl Marfels, auf den diese Beschreibung zutrifft, der als einziges Aufsichtratsmitglied der „Edmund Hermann AG“ auch eine enge Verbindung zu Glashütte und Georg Heinrich hatte, gehandelt haben. Gestützt wird diese Vermutung dadurch, dass Georg Heinrich und Carl Marfels sich bereits jahrelang durch ihre gemeinsame Tätigkeit im Aufsichtsrat der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte gut gekannt haben.
Mit der Auflösung und Löschung der Firma
"J. Aßmann, Zweigniederlassung der Thüringer Uhrenfabrik Edmund Herrmann A.-G. in Glashütte i. Sa."
im Januar 1926 hatte die seit 1852 bestehende, traditionsreiche Glashütter Firma, die zu den Begründern der Glashütter Uhrenindustrie gehörte, nach 73 Jahren aufgehört zu existieren.
Julius Albert Fritz Aßmann, ein ausgebildeter Uhrmacher und Mitglied der Glashütter Uhrmacher-Verbindung "Urania", [12] Enkel des Begründers der nicht mehr existenten Firma "Julius Assmann" und Sohn des 1911 verstobenen Paul Aßmann, gründet noch im Januar 1926 eine neue Firma. Die handelsgerichtliche Eintragungen lautet:
"Julius Aßmann, Deutsche Präzisions-Taschenuhrenfabrik,
Glashütte i. Sa.",
Inhaber ist der Uhrmacher Julius Albert Fritz Aßmann in Glashütte i. Sa.“
Georg Heinrich, der seit 1897 Teilhaber und ab 1911 alleiniger Eigentümer der alten Firma J. Assmann war, wurde als kaufmännischer Leiter, was er bis 1897 bereits bei der Firma" A. Lange & Söhne" war, eingestellt. [6]
Späte Savonette-Taschenuhr der Glashütter Firma J. Assmann
Die hier vorgestellte, im original mit Etui und Garantiekarte, erhaltene Taschenuhr der Firma J. Assmann hat die identische Werk- und Gehäusenummer 24427. Das 15-steinige Ankerwerk mit Glashütter Hemmung wurde ca. 1926/27 gefertigt und in ein mit 40 Mikometer vergoldetes Savonettegehäuse eingeschalt. Zu diesem Zeitpunkt, ein Jahr bevor die Fertigung von Assmann Uhren nach 75 Jahren endgültig der Vergangenheit angehörte, befand sich die Firma bereits 15 Jahre nicht mehr in der Hand der Familie Assmann. Interessant ist, dass bei späten Assmann Werken die Rubine nicht mehr nach Glashütter, sondern nach Schweizer Art gefasst wurden. In den letzten Jahren findet man häufig Uhren, bei denen Werk- und Gehäusenummer nicht mehr übereinstimmen. Nach derzeitigem Kenntnisstand umfasste die Gesamtfertigung der Firma in etwa 28.000 Uhren. Davon sind derzeit rund 900 noch existente Uhren bzw. Werke dokumentiert.
Mit bescheidenen finanziellen Mitteln legte Fritz Aßmann noch einmal einen Katalog, oder besser gesagt ein Faltbatt mit den angebotenen uhrmacherischen Möglichkeiten der neuen Firma auf. Der
Hinweis, dass die Taschenuhren mit Komplikationen nur auf feste Bestellung geliefert werden, am Lager dürften sehr wahrscheinlich keine vorhanden gewesen sein, zeigt, dass die Finanzdecke recht
dünn war, wie sich nur kurze Zeit danach durch die Umwandlung der Firma in ein G.m.b.H., mit wieder einmal der hereinnahme eines familienfremden Mehrheitsteilhaber, erwies.
Um eine Besonderheit unter den noch existierenden Uhren der Firma J. Assmann handelt es sich bei der hier vorgestellten Armbanduhr. Ursprünglich handelte es sich um eine Savonette Uhr der Firma J. Assmann mit der identischen Werk- und Gehäusenummer 17129, einen Damentaschenuhrkaliber 28 mit einem 15-steinigem, körnig vergoldetem ¾ Platinenwerk, Kompensationsunruh, Breguetspirale und einer Glashütter Hemmung. Der Werknummer nach dürfte die Taschenuhr so um 1906/07 gefertigt worden sein. Das 14-karätige Savonettegehäuse hat die Assmann Schutzmarke, und wurde nachträglich, recht aufwendig zu einem Armbanduhrgehäuse umgebaut. Der genaue Zeitpunkt der Umarbeitung konnte bisher nicht ermittelt werden, dürfte aber sehr wahrscheinlich in den 1920er Jahren liegen. Zumindest sind aus dieser Zeit ähnliche Umarbeitungen von Damentaschenuhren anderer Glashütter Firmen bekannt. Soweit bekannt, wurde eine solche Uhr von der Firma J. Assmann, bisher noch nicht dokumentiert.
(Die zeitliche Zuordnung dieser Armbanduhr ist willkürlich. Aus Aussagen von Zeitzeugen wurde
aber bekannt, dass in diesem Zeitraum solche Umarbeitungen gefertigt wurden.)
1927
Bereits ein Jahr später, zu Beginn des Jahres 1927, sah sich Fritz Aßmann, vermutlich aus finanziellen Gründen, gezwungen, seine Firma in eine G.m.b.H. umzuwandeln. Die neue Gesellschaft firmierte ab dem 24. Januar unter dem Namen:
"J. Aßmann, Deutsche Präzisions-Taschen-Uhrenfabrik, Glashütte Sachsen, G.m.b.H. in Glashütte i. Sa."
Als Gesellschafter mit Mehrheitsbeteiligung trat der Dresdener Kaufmann Walther Heinrich Theden in die neue Firma als Geschäftsführer ein. [7]
Der letzter Rettungsversuch durch Fritz Aßmann mit der Neugründung einer Firma unter dem traditionsreichen Namen Aßmann, die mit Restbeständen der alten Firma einen Neuanfang wagte, scheiterte tragisch durch die in der Nacht vom 08. Juli zum 09. Juli 1927 über das Müglitztal und Glashütte hereinbrechende Naturkatastrophe und deren Folgen. Weitere Informationen dazu finden Sie auch >> hier <<
Allein die Gebäude- und Materialschäden beliefen sich auf 40.000 RM.
1929/30
Mit dem Hochwasser und dessen Folgen wurden auch die Träume vom Fortbestand der neuen Firma Aßmann hinweggespült.
Im Jahr 1929 scheidet Fritz Aßmann aus der Firma aus und Gründet eine eigene kleine Werkstatt für Neuanfertigung und Reparatur.[10]
Januar 1930 veröffentlicht die Fachzeitung "Die Uhrmacher-Woche" unter der Rubrik Geschäftsveränderungen, nachfolgende Mitteilung.
" Glashütte i. Sa. Firma J. Aßmann,
Deutsche Präzisions-Taschenuhrenfabrik G. m. b. H.
Die Firma ist aufgelöst. Kaufmann Walter Heinrich Theden ist nicht mehr Geschäftsführer. Zum Liquidator ist der Uhrmacher Johann Georg
Rügheimer bestellt. Die Gläubiger der Gesellschaft werden aufgefordert, ihre Rechte beim Liquidator geltend zu machen." [11]
Auch dieser formelle Akt war offensichtlich noch mit diversen Unannehmlichkeiten belastet, denn ansonsten hätte sich Fritz Aßmann nicht veranlasst gesehen, die nachfolgende Mitteilung in der Fachpresse zu veröffentlichen.
"Glashütte i. Sa. Herr Julius Fritz Assmann, Sohn des 1911 verstorbenen Inhabers und Mitinhabers der alten Firma J. Assmann, bittet uns mitzuteilen, daß er mit der 1926 unter seinem Namen neugegründeten Fa. Julius Assmann, später in die Fa. J. Assmann G. m. b. H. umgewandelt, seit mehr als Jahresfrist nichts mehr zu tun hatte und an deren weiterer Betätigung nicht beteiligt war. Er eröffnete unter der Fa. Julius Friz Assmann zunächst eine Werkstatt für Neuanfertigung und Reparatur." [10]
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.
[1] Die Uhrmacherkunst Nr. 21 v. 1. Nov. 1917 Anzeigenteil
[2] Die Uhrmacherkunst Nr. 15. v. 21. Juni 1921 S. 270
[3] Deutsche Uhrmacherzeitung Nr. 7 v. 10. Febr. 1922 S. 86
[4] Die Uhrmacherkunst Nr. 41 v 9. Okt. 1925 S. 818
[5] Die Uhrmacher-Woche Nr. 50 v. 12. Dez 1925 S. 936
[6] Deutsche Uhrmacherzeitung Nr. 5 v. 30. Jan. 1926 S. 89
[7] Die Uhrmacherkunst Nr. 10 v. 4. März 1927 S.163
[8] Die Uhrmacherkunst Nr. 30 v. 22. Juli 1927 S. 529-531
[9] Die Uhrmacherkunst Nr. 41 v. 11. Okt. 1929 S . 841
[10] Die Uhrmacher-Woche Nr. 9. 1930 S. 172
[11] Die Uhrmacher-Woche Nr. 4 1930 S. 70
[12] Deutsche Uhrmacherzeitung Nr.15 v. 10. Apr. 1919 S.115
[13] Deutsche Uhrmacherzeitung Nr. 26 v. 24. Juni 1921 S.319
[14] Deutsche Uhrmacherzeitung Nr. 43 v. 25. Okt. 1924 S. 706
[15] Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr. 6 v. 10. Febr. 1923 S. 80
[16] Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr. 37 v. 13. Sept. 1924 S. 594