Auf Grundlage des Befehls Nr. 76 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) vom 23.04.1948 wurde zeitgleich ein Verwaltungsbetrieb, mit dem Namen „VVB Mechanik Dresden“, dem 37 eigenständige Volkseigene sächsische Betriebe der feinmechanischen Industrie, unter anderem auch der verstaatlichte Betrieb Lange & Söhne VEB, zugeordnet waren, gegründet.
Die Schaffung solcher Erfassungs-, Koordinierungs- Lenkungs- und Kontrollorgane wurde in der DDR für die Einführung einer zentral geleiteten Planwirtschaft als unerlässlich angesehen und war die Keimzelle der späteren Kombinate. Über die Zwischenstufe der Vereinigung der wichtigsten Glashütter Betriebe der Uhrenindustrie, der GUB, wurde 1967 das Uhrenkombinat Ruhla, dem dann die GUB zugeordnet wurde geschaffen.
Dieses Einschreiben mit Poststempel von 23. April 1948 trat zeitgleich mit der Verstaatlichung der Firma A. Lange & Söhne die Reise von dem in der sowjetischen Bestzungszone gelegenen Glashütte nach Pforzheim in die amerikanische Besatzungszone an.
Die in der damaligen sowjetischen Besatzungszone gelegene Glashütter Uhren-fabrik A. Lange & Söhne war Ende April 1948 verstaatlicht, in Volkseigentum überführt sowie in Mechanik Lange & Söhne VEB umbenannt worden.
Bereits kurz nach Kriegsende und nach erheblichen Zerstörungen durch einen Bomben- angriff der "Roten Armee" am 08. Mai 1945, wurden auf Befehl der sowjet. Besatzungsmacht Maßnahmen zur Wiederaufnahme der Produktion getroffen und in verhältnismäßig kurzer Zeit mit zum Teil aus noch vorhandenen Halbfabrikaten wieder aufgenommen. So wurden u.a. die bekannten Einheitschronometer, die B-Chronometer Kal. 48 und die Beobachtungsuhren Kaliber 48 gefertigt. Über deren Verwendung entschied anfangs die Siegermacht. Parallel dazu wurde an der Entwicklung eines Armbanduhrkalibers und einer Stoppuhr gearbeitet.
Bei der nebenstehende Taschenuhr handelt es sich um eine bereits von der Firma Mechanik Lange & Söhne vollendeten Beobachtungsuhr Kaliber 48 mit der Zifferblatt-beschriftung "Lange VEB Glashütte Sa.". Sie hat noch keine Zifferblattsignatur mit dem im Februar 1950 in der DDR eingeführten Gütezeichen Q, für herausragende, qualitativ hochwertige, weltmarktfähige Produkte. Die Fertigung dürfte demnach vor dem 2. Halbjahr 1950 erfolgt sein.
Da die bereits erwähnten Beobachtungsuhren sehr präzise gearbeitet und sehr ganggenau waren, erschien es technologisch sinnvoll und möglich, mittels einer maßstabsgerechten Verkleinerung, ein qualitativ hochwertiges Armbanduhrwerk daraus zu konstruieren. Dem damaligen, durch Krieg, Raub und Reparation bedingten sehr hohen Bedarf entsprechend, war die Zielstellung, das erste von A. Lange & Söhne gefertigte großserienfähiges Armbanduhrkaliber in hoher Güte zu entwickeln. Im Ergebnis entstand daraus schon 1948 das 12 ½ linige (28 mm) Kaliber 28 & 28.1. Während das Kaliber 28 noch die kleine Sekunde bei sechs hatte, war die 28.1 bereits mit der damals moderneren Sekunde aus der Mitte ausgestattet. Die ersten Uhren sollen bereits im 4. Quartal 1948 auf den Markt gekommen sein. Zeitnah war auch die Entwicklung der Stoppuhr vom Kaliber 65, die ebenfalls auf der Basis des Kaliber 48 aufbaute, abgeschlossen worden.
Bundesrepublik Deutschland - 1950 Pressemitteilung in der
Fachzeitschrift "Die Uhr"
Eines der ersten Armbanduhrmodelle des Kaliber 28.1, dem bereits das Gütezeichen Q unter der Registriernummer 27 des DAMG verliehen worden war, hat die Werknummer 120296. Es wurde am 29. Juni 1950 verkauft wurde. Während die Räderwerkbrücke des bereits vor der Verleihung des Gütezeichens Q gefertigten Rohwerkes noch keine diesbezügliche Prägung aufweist, hatte man bereits neue Zifferblätter mit dem Gütezeichen anfertigen lassen und die Modelle damit ausgestattet.
Vor der gesetzlichen Regelung der Einführung des Gütezeichen Q im Februar 1950 konnte es keine Erzeugnisse der Firma VEB Mechanik Lange & Söhne mit diesem Gütezeichen der DDR geben.
Die ersten vom DAMG für DDR Produkte mit dem Gütezeichen Q vergebenen Registriernummern sind für die von Mechanik Lange & Söhne VEB gefertigten und von den GUB übernommenen und weitergeführten Produkte im 1. Katalog zur Leipziger
Herbstmesse 1951 ausgewiesen.
Wie auch später 1951, bei der Integration von Mechanik Lange & Söhne VEB in die neu gegründeten VEB Glashütter Uhrenbetriebe, gibt es Überlappungen bei der Zifferblatt- und Werksignatur durch vorgefertigte Rohwerke oder Rohwerksteile aus der vorangegangenen Produktion.
Somit verfügte der verstaatlichte Betrieb Mechanik Lange & Söhne VEB mit dem Glashütter Marinechronometer Kal.100, den Bobachtungsuhren Kaliber 48, der Stoppuhr Kaliber 65 und den beiden Varianten des Armbanduhrkalibers 28 über ein für die damalige frühe Nachkriegszeit beachtliches Sortiment hochqualitativer Produkte.
Gleichzeitig versuchte die VVB Mechanik Dresden, die den Betrieb Lange & Söhne VEB auf der Leipziger Messe vertrat, breits 1949 mit den im In- und Ausland bekannten Vorkriegsprodukten und dem Namen A. Lange & Söhne wieder auf dem internationalen Markt Fuß zu fassen.
Die erste innländische Produktwerbung der im April 1948 verstaatlichten Firma A. Lange & Söhne unter der neuen Betriebsbezeichnung "Mechanik Lange & Söhne VEB" aus dem Jahr 1949.
Die gleiche Produktwerbung wird auch International in Englisch verwendet.
Das noch von der Firma A. Lange & Söhne aus dem durch Verkleinerung des B-Uhrenkaliber 48 entwickelte Armbanduhrkaliber 28.1 mit Zentralsekunde, welches 1949 auf den Markt kam, war 1950 mit der fortlaufenden Registriernummer 27 das erste Produkt der Glashütter Uhrenindustrie, dem das Gütezeichen Q der DDR verliehen wurde. In der Folge erreichten, mit der Registriernummer 52 und 53 auch das Seechronometer Kaliber 100 und die Armbanduhr Kaliber 28 mit dezentraler kleiner Sekunde die für das Gütezeichen Q vorgegebenen Qualitätsmaßstäbe. Für die B-Uhren Kal. 48 und die B-Uhr Kal. 48.1 in der Taschenuhrausführung, traf diese Qualitätseinstufung erst nach der Integration der Firma VEB Mechanik Lange & Söhne in die 1951 gegründete neue Firma VEB Mechanik Glashütter Uhrenbetriebe, zu.
Original Garantieschein von Mechanik Lange & Söhne VEB 1948-1951
Dass der deutsch-deutsche Handel unabhängig von der Tatsache der erst vor nicht allzu langer Zeit aufgehobenen Blockade, der Schaffung zweier Währungen und Staaten sowie dem „heiß laufen“ des „kalten Krieges“ weiterhin funktionierte, belegen auch die von Lange & Söhne 1950 getätigten Verkäufe von silbernen Taschenuhren Kaliber 48 zum Stückpreis von 300,- DM an die Firma Dugena Genossenschaft Deutscher Uhrmacher e. G. m. b. H. in Berlin (West).
Interessant ist dabei, dass diese Taschenuhren von „Mechanik Lange & Söhne VEB“, obwohl die Firma seit zwei Jahren unter einem neuem Namen verstaatlicht war, mit der alten Wortmarke „A. Lange & Söhne“ auf Zifferblatt und Werk und der Lange Schutzmarke im Gehäuse an Dugena verkauft wurden. Die in der DDR vertriebenen Uhren tragen zu diesem Zeitpunkt bereits die Zifferblattbeschriftung „Lange VEB Glashütte i. Sachsen“.
Bemerkenswert ist auch, dass der D-Mark Preis vom Ministerium der Finanzen der DDR genehmigt wurde und dass die Firma Dugena die 35g Silber, die pro Uhr benötigt wurden, anzuliefern hatte.
Eine der letzten Werbungen für die Produkte der bis 01.07.1951 noch eigen-ständigen Firma "Mechanik Lange & Söhne VEB Glashütte Sa." erschien im Lehrbuch für das Uhrmacherhandwerk Band II das vom Verlag von Wilhelm Knapp Halle (Saale) 1951 heraus- gebracht wurde. Interessant dabei ist, dass die dargestellte Marine-Beobachtungsuhr mit dem Lange Werk Kaliber 48 als Präzisionsinstrument noch nicht das höchste Gütezeichen der DDR, das Q trägt. Die aus diesem Kaliber durch Verkleinerung 1949 auf den Markt gebrachte Herrenarmbanduhr Kaliber 28 hatte dieses Gütezeichen bereits kurz nach der Einführung desselben, im ersten Halbjahr 1950, genau wie das Marinechronometer Kaliber 100, erhalten.
Die Werke der Uhren von Mechanik Lange & Söhne wurden mit einer Werknummer ausgestattet. Diese Praxis ist auch nach der Integration der Firma in die Glashütter Uhrenbetriebe VEB, beibehalten worden. Anhand der erhaltenen und von den GUB in Bezug auf die übernommene Produktpalette der Firma „Mechanik Lange & Söhne VEB“, fortgeführten Werk- und Verkaufsbücher, sind diese Uhren heute noch nachweisbar. Das Deutsche Uhrenmuseum Glashütte stellt auf der Grundlage geeigneter Nachweise, dazu entsprechende Zertifikate aus.
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.