Paul Stübner Feinmechanische Werkstatt

für Präzisionsuhren & Marine-Chronometer 1905 - 1936

Paul Conrad Stübner
Paul Conrad Stübner

Am 2. Juni 1860 wurde Paul Conrad Stübner als Sohn eines Tagelöhners in Glashütte geboren. Ab seinem sechsten Lebensjahr musste er ohne Vater aufwachsen, der früh verstarb. 1874 begann er eine Lehre bei dem Steinfasser A. Gollmann. Nach der Ableistung des Militärdienstes bekam er, nach Glashütte zurückgekehrt, bei der Firma Strasser & Rohde als Gehilfe eine Anstellung. In langjähriger Tätigkeit für diese Firma entwickelte er sich zu einer absoluten Spitzenkraft in der Präzisionsuhrenfertigung.

Nach 25-jähriger Tätigkeit bei Strasser & Rohde machte er sich in Glashütte selbstständig und meldete am 5. Juli 1905 sein Gewerbe, eine Feinmechanische Werkstatt  zum Bau von Marine-Chronometern und Präzisonsuhren, an. Bis 1913 befand sich die Manufaktur  unter recht beengten Verhältnissen im Wohnhaus Stübners

Aufname von 1912/13 /Wohnhaus und Firmengebäude von Paul Stübner
Aufname von 1912/13 /Wohnhaus und Firmengebäude von Paul Stübner
Briefkopf der Firma Stübner
Briefkopf der Firma Stübner

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Mit wenigen Ausnahmen bezogen die deutschen Chronometermacher zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Rohwerke zumeist aus England. Jedoch gründete sich 1899 der Verein für Chronometrie, der – den Autarkiebestrebungen des Kaiserreiches folgend – durch protagonistische Maßnahmen in Bezug auf die Bedingungen für die Einreichung zur Prüfung bei der Seewarte Hamburg erreichen wollte, dass nur „rein deutsche“ Chronometer zur Prüfung zugelassen werden. Hier erkannte Paul Stübner seine Chance.

Sicherlich war das einer der Gründe, die ihn veranlasst haben, eine eigene Firma zu gründen und sich damit selbstständig zu machen. Auch Dank seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten in der Präzisionsuhrenfertigung sollte er Recht behalten. Die von ihm angebotene Produktpalette und Preisgestaltung glich, wie sollte es auch anders sein, anfänglich im Wesentlichen der seines früheren Arbeitgebers.

Eine bisher unbekannte Anzahl von Marinechronometern Kaliber 100 wurde von der Firma Stübner auch vollendet. Ein Beispiel bildet das hier dokumentierte Modell mit der Nummer 566. Die Rohwerke konnten von den Auftraggebern in verschiedenen Vollendungsgraden bestellt werden. Fertig zur Reglage im Messinggehäuse mit kardanischer Aufhängung war dabei die höchste Ausbaustufe.

Foto: I. Arndt mit freundlicher Genehmigung
Marinechronometer von Paul Stübner. Foto: I. Arndt mit freundlicher Genehmigung

Nach bisherigen Erkenntnissen begann man in der Firma Paul Stübner bereits 1905 mit der Fertigung von Rohwerken für Marinechronometer.

Als Abnehmer sind die Firmen bzw. Chronometermacher: Ehrlich, Bremerhaven; Jensen, Glashütte; Gerstenberger, Glashütte; Kurtz, Münster; A. Lange & Söhne, Glashütte; Liedecke, Geestmünde; Löbner, Berlin; Ludolph, Bremerhaven; Pavlicek, Hamburg; Prell, Gera; Raabe, Glashütte; Schmidt, Nordenham; Schuchmann, Wilhelmshaven; Thielemann, Glashütte; Tietz, Kiel und Wiegand, Peine bekannt.

Weitere Spitzenprodukte der Feinmechanischen Werkstatt für Präzisionsuhren & Marine-Chronometer Paul Stübner Glashütte

Die Funkfeuer-Uhr
In der Funkschau Nr. 27 aus dem Jahr 1931 wird auf Seite 210 & 211 der Zweck und die Funktionsweise der Funkfeuer an Nord- und Ostsee näher erläutert.
Funkschau_4Jg_2731_v10.pdf
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Präzisionspendeluhr aus der Werkstatt von Paul Stübner von 1905

Diese bis auf das massive, versilberte Messingzifferblatt unsignierte Präzisionspendeluhr wurde von Paul Stübner mit dem Riefler K-Pendel Nr. 555 gefertigt. Da aus den Rieflerschen Geschäftsunterlagen hervorgeht, dass dieses Pendel am 27. Oktober 1905 an Paul Stübner geliefert worden ist, kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei der gezeigten Präzisionspendeluhr um eine der Ersten handelt, die aus der am 5. Juli 1905 gewerblich angemeldeten Stübnerschen Werkstatt zum Bau von Marine Chronometern und Präzisionspendeluhren stammt. Das Werk weist noch den ersten Schutzlack auf und wurde kürzlich von der Uhrmacherschule Furtwangen fachmännisch überholt. Das aus amerikanischen Nussbaum gefertigte und vom Gründerzeit Museum Berlin-Mahlsdorf restaurierte originale Gehäuse sowie die Gestaltung des Zifferblattes lassen erkennen, dass diese Uhr, wie zu der damaligen Zeit durchaus nicht unüblich, nicht für wissenschaftliche Beobachtungszwecke, sondern zum Gebrauch in Wohn- oder Geschäftsräumen gefertigt wurde. Nach derzeitigem Kenntnisstand weisen Indizien darauf hin, dass sie für den Glashütter Kolonialwarenhändler Ernst Anton Brüne gefertigt wurde.

Weitere interessante Einzelheiten zu Paul Stübner und seiner Firma finden Sie >> hier <<

1909, nach vierjähriger Selbstständigkeit, wurde Paul Stübner die Teilnahme am Theoretischen Meisterkurs bescheinigt und er erhielt die Befugnis eigene Lehrlinge auszubilden.

Ein Highlight der Firmengeschichte die Weltuhr von Paul Stübner

1912 fertigte die Firma Stübner für den Berliner Hofuhrmacher Ludwig Simon in der Friedrichstraße 85a eine zwei Meter breite Weltuhr mit neun Zifferblättern. Die Uhr zeigte gleichzeitig die Uhrzeiten von Berlin, Paris, London, New-York, San Francisco, St. Petersburg, Konstantinopel, Peking und Tokio an. Ausgeführt wurde das Werk mit Chronometergang mit Wippe. Der Durchmesser des Unruhreifes betrug 68mm. Die Gangdifferenz betrug in 90 Stunden etwa ½ Sekunde, was nur durch eine absolute Qualitätsarbeit zu erreichen gewesen sein dürfte.

Paul Stübner Weltuhr 1912.pdf
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Ab 1913 - Wohnhaus & Firmensitz in der Altenberger Straße 36
Ab 1913 - Wohnhaus & Firmensitz in der Altenberger Straße 36

Die positive Geschäftsentwicklung ermöglichte es Paul Stübner 1913 ein neues Wohn- und Geschäftshaus mit fast 150 qm Werkstattfläche und 25 Arbeitsplätzen zu schaffen. Er investierte auch in einen recht umfänglichen Maschinenpark, der immerhin schon" zwölf Prismendrehbänke mit Zubehör, drei Patronendrehbänke, eine Fräsmaschine mit Einrichtung zum Selbstgang, eine Zahnstangenschneidmaschine, zwei Schneckenradschneid- maschinen, je eine Revolver- und Leitspindeldrehbank, eine Horizontalfräsmaschine, mehrere Säulen- und Tischbohrmaschinen, ein Trieb- und Räderfräsautomat, eine Triebschleifmaschine, ein Schraubenpolierstuhl, fünf Elektromotoren von ½ bis 3 PS, eine Feldschmiede und 20 Schraubstöcke" umfasste.

 

Wie bei vielen Glashütter Produzenten war auch in den mechanischen Werkstätten Paul Stübners der erste Weltkrieg 1914-1918 eine Zeit, in der verstärkt kriegswichtige Produkte und weniger Uhren produziert wurden. Nach dem Krieg fiel die Marine, die bei Scapa Flow versenkt wurde, als Großkunde aus. Nach dem Versailler Vertrag von 1919 musste auch ein Großteil der Handelsflotte als Reparationsleistung an Frankreich übergeben werden, was die Nachfrage nach Marine-Chronometern, eine der tragenden Säulen der Stübnerschen Produktionspalette, fast zum Erliegen brachte. So musste die Zahl der Beschäftigten auf 35% des Vorkriegsstandes abgeschmolzen werden.

Firmenwerbung aus dem Jahr 1926
Firmenwerbung aus dem Jahr 1926

Die Inflation in Deutschland, die große Flutkatastrophe in der Nacht vom

08. zum 09.Juli 1927 bei dem auch bei den Werkstätten von Paul Stübner die ganze vordere Ecke bis in den ersten Stock von den Wassermassen weggerissen worden ist und die Weltwirtschaftskrise 1929 trugen maßgeblich dazu bei, dass die Firma sich nie wieder richtig erholen konnte.

Bei der Flutkatastrophe gingen zum Beispiel auch eine ganze Reihe wertvoller feinmechanischer Instrumente die die Firma an das Geodätische Institut Potsdam zu liefern hatte, in den Fluten verloren.

 

Das die Qualität der Präzisionspendeluhren und der Rohwekteile der Firma Stübner hoch eingeschätzt wurde, zeigt sich auch daran, dass sie für Arbeiten zur Meisterprüfungen von Handwerkskammern zu Einsatz kamen. Nach dem Verkauf der Firma Strasser & Rohde 1918, an den Berliner Uhternehmer Wilhelm Kreis und dessen frühen Tod 1924, wurden in der inzwischen von Paul Weis übernommenen Firma Strasser & Rohde kaum noch Präzisionspendeluhren gefertigt. Der vorhandene Bedarf wurde sucsessive im stärkeren Maße von der Firma Stübner abgedeckt.

Firmenkorrespondenz von 1928
Firmenkorrespondenz von 1928
Werbeanzeige aus dem Jahr 1929
Werbeanzeige aus dem Jahr 1929

 1930 - 25-jähriges Betriebsjubiläum Paul Stübner


1930 berichtet die Deutsche Uhrmacher-Zeitung, dass am 05. Mai,  die Präzisions-Pendeluhrenfabrik Paul Stübner auf ein 25jähriges Bestehen ihrer Firma zurückblicken konnte.

Herr Paul Stübner der langjähriger Werkführer bei der im Bau von Präzisions-Pendeluhren Weltbekannten Firma Strasser & Rohde gewesen war, hatte im Mai des Jahres 1905 sein eigenes Unternehmen gegründet. Durch Herstellung von Qualitätsarbeit war es dem energischen und tüchtigen Fach­mann möglich gewesen, im Jahre 1913 seine Fabrikation in ein eige­nes Fabrikgebäude zu verlegen und hier weiter auszubauen.

 

Fa. Paul Stübner - 25-jähriges Firmenjubiläum
5.5.1930 25 Jahre Fa.Stübner.pdf
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1934
1934

 

1936 stellt Paul Stübner seinen Produktionsbetrieb ein. Er arbeitete danach nur noch sporadich, aushilfsweise für die Firma A. Lange & Söhne.

Handelsgerichtlich wurde die Firma Paul Stübner jedoch erst am 22. September 1942 gelöscht.

 

1945 wurde der gesamte noch vorhandene Maschinenpark als Reparationsgut aus der Russischen Besatzungszone in die Sowjetunion verbracht.

 

Tragisch vollendet sich auch das Leben des inzwischen 86-jährigen Paul Stübner. Er verstirbt an den Folgen eine Rauchvergiftung, die er sich bei einem Brand in seinem Haus zugezogen hatte, im November 1946.

Wohnhaus und Fabrik nach dem Brand 1946
Die Gebäude nach ihrer Restaurierung 2007

Fotos: I. Arndt, mit freundlicher Genehmigung

Quelle: G.Ullrich mit freundlicher Genehmigung
Quelle: G.Ullrich mit freundlicher Genehmigung

Das rechte Bild zeigt die restaurierte ehemalige Wirkungsstätte von Paul Stübner aus einer andern Perspektive. Heute wird neben der Sternwarte auch in den ehemaligen Werkstätten der Firma Stübner in der Altenberger Straße 36, durch die Firma Wempe, eine Glashütter Tradition fortgesetzt und wieder hochwertiger Präzisionsuhrenbau betrieben.

Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen entsprechend ergänzt.

Literatur/Quellen

  • Deutsche Hersteller von Präzisionsuhren - Paul Stübner aus Glashütte Autor: H. J. Kummer Fachzeitschrift Klassik Uhren Heft Nr.6/2000
  • Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr.11 v.1. Juni 1912 S.177
  • Saxonia Berichte von 1905 - 1925
  • Stadtarchiv Glashütte
  • http://www.twigsdigs.com/horology/heroes/
  • http://maps.google.de/maps
  • Die Uhrmacher-Woche 29/1927 S. 476 & 32/1927 S. 529

Aktualisiert 19.12.2024

Deutsches Uhrenmuseum Glashütte - Das Bild  mit Video hinterlegt
Deutsches Uhrenmuseum Glashütte - Das Bild mit Video hinterlegt

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