Produktionsgemeinschaft Precis Glashütte
versus UROFA & UFAG
In einem 1986 in Heft 1 der Fachzeitschrift Uhren & Schmuck erschienenen Artikel wurden dazu nachfolgende Aussagen gemacht:
„80 % der Aktien der Urofa geörten der Giro-Zentrale Dresden und waren somit staatliches Eigentum, die restlichen 20%, die sich in Privatbesitz befanden, wurden eingezogen. Die Aktien der Ufag waren alle im Besitz der Giro-ZentraleDresden. Beide Betriebsteile wurden durch den Volksentscheid vom 30.6.1946 ein Treuhandbetrieb der Girozentrale Dresden.Bereits am 20.8. 1945 waren Urofa und Ufag als „Precis Produktionsgemeinschaft Glashütte“ in das Handelsregister eingetragen worden.“
Quelle: Fachzeitschrift Uhren & Schmuck Nr.1 von 1986 S.10
Die bis 2009 in der veröffentlichten Fachliteratur verwendete Betriebsbezeichnung UROFA für den in den von der UROFA und UFAG bis 1945 genutzten Produktionsgebäuden ab Januar 1946 produzierende GbR „Glashütter Produktionsgemeinschaft Precis“ ist, wie neu erschlossene, verifizierbare Quellen belegen, unzutreffend.
Nach der vom Vorstand der UROFA und UFAG, Dr. Kurtz, noch vor Kriegsende 1945 veranlassten Verlagerung eines Teils des mobilen Firmeneigentums nach Memmelsdorf/Unterfranken sowie der nach Kriegsende reparationsbedingten komplette Demontage und Verlagerung des restlichen Firmeneigentums nach Moskau gab es in Glashütte, in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und damit auch in der späteren DDR, keinerlei mobile und immobile Firmenbestandteile der Aktiengesellschaften UFAG und UROFA mehr.
Was geblieben war, waren lediglich die handelsgerichtlichen Eintragungen beim Amtsgericht Lauenstein bzw. Dippoldiswalde und das Know-How der noch in Glashütte befindlichen ehemaligen Beschäftigten.
Im August 1945, mit Beendigung der Demontage, beantragte der im Juni 1945 von der damaligen Administration für die UFAG und UROFA eingesetzte Betriebsleiter, Hans Lochmann (von 1937-1945 mit Dr. Kurtz, gleichberechtigter Vorstand der UROFA), über die zuständige Behörde, bei der SMAD eine neue Betriebserlaubnis zur Rohwerke- und Uhrenproduktion sowie die Überlassung der dazu erforderlichen Räumlichkeiten in Glashütte. Eine positive allerdings mit konkreten Auflagen verbundene Entscheidung dazu wurde durch die Industrie-Abteilung der sowjetischen Militäradministration in Sachsen im Dezember 1945 getroffen.
Auf der Grundlage eines Schreibens der Dresdner Verwaltung der SMAD an den Kommandanten des Bezirkes Dresden und den zuständigen Wirtschaftsminister Sachsens Fritz Selbmann, wird daraufhin weisungsgemäß die Firma „Glashütter Produktionsgemeinschaft Precis“, auf genossenschaftlicher Basis als GbR gebildet. Das Produktionsprofil der selbständigen Aktiengesellschaften und jetzigen Gesellschafter von Precis, UFAG und UROFA wurde auf die neuen Gesellschaft übertragen.
Nachdem am 03. August 1950 der Betriebsleiter der Produktionsgemeinschaft Precis und bisherige Vorstand der UROFA und UFAG, Hans Lochmann, verhaftet worden war. Sah sich die Dresdener Filiale der Deutschen Notenbank als kreditgebende Bank veranlasst, der Berliner Zentrale der Deutschen Notenbank die Historie der prekären Finanzsituation der von der VVB Mechanik Dresden geführten Glashütter Produktionsgemeinschaft Precis von 1945 bis 1950 lückenlos darzulegen und um Entscheidungshilfe zu bitten. Anhand der verifizierbar dargelegten Fakten lässt sich die Entstehungsgeschichte von Precis sowie die Rolle der nur noch aktenmäßig existenten Aktiengesellschaften UFAG und UROFA von 1945 bis 1950 lückenlos nachvollziehen.
Durch dieses Schreiben der Dresdener Filiale der Deutschen Notenbank vom 12.08.1950 und weiterer vom Betriebsleiter Hans Lochmann unterzeichneter Originaldokumente ist die Gründung der Produktionsgemeinschaft Precis zu Beginn des Jahres 1946 eindeutig belegt.
Damit sind die unkorrekten Aussagen in bisherigen Publikationen sowohl über den Beginn einer Uhrenfertigung nach 1945 in Glashütte durch die Uhren Rohwerkefabrik AG Glashütte (UROFA) als produzierende Firma zu Beginn des Jahres 1947 widerlegt.
Quelle der 1946 neuen Betriebsbezeichnung "Precis" Glashütte
Bereits in den 1940er Jahren wird im Briefkopf der Firma Uhrenfabrik AG Glashütte in der Telegrammadresse der Name "Precis" verwendet. Es ist also durchaus nachvollziehbar, wenn nach der 1945 erfogten Demontage der UFAG und UROFA und des von der SMAD erfolgten Verbotes die alten Firmennamen beim Neuanfang zu verwenden, eine Firmenbezeichnung gesucht wurde, die bei den alten Kunden wenigstens einen gewissen "Wiedererkennungseffekt" hatte. Was ja, wie der Briefkopf beweist, auch mit der neuen Firmenbezeichnung "Precis" gelungen war.
Zum 31. Dezember 1946 wurde die erste Bilanz der aus den untergegangenen Firmen Uhren Rohwerkefabrik Akt. Ges. (UROFA) und Uhrenfabrik Akt. Ges. Glashütte, 1946 neu gegründeten Produktionsgemeinschaft "Precis" erstellt. Unterzeichnet wurde die Bilanz von dem früheren Geschäftsführer der
UROFA und damaligen Betriebsleiter Hans Lochmann. Wie stark man noch mit dem Gedankengut und der Teminologie des 1945 untergegangenen 3. Reiches verbunden war, macht die Position
"Sozialfonds Gefolgschaft" deutlich.
Mit wenig Mitteln, viel Elan, Engagement und dem vorhandenen Know-How der Beschäftigten wird, anfänglich mit geborgten, teilweise neu gekauften, umgebauten und auch selbst gefertigten Werkzeugen und Maschinen unter schwierigsten Bedingungen eine neue Uhrenproduktion aufgebaut.
Entscheidenden Anteil daran, dass im Sommer 1947 die für die Serienproduktion benötigten Werkzeuge und Maschinen durch Um- und Neukonstruktionen
wieder zur Verfügung standen, hatte der Werkmeister Karl Nitsche. Für diese geleistete Arbeit wurde er 1949 mit dem Nationalpreis III. Klasse ausgezeichnet.
Ab Mitte 1947 fertigte man serienmäßig Rohwerke und vollendete sie auch zu
Herrenarmbanduhren.
Mit dem den materiell-technischen Verhältnissen der ersten Nachkriegsjahre angepassten, neuem Herrenarmbanduhrkaliber 61, das mit einer grundlegenden und zwei weiteren kleineren Modifikationen bis 1952 vermutlich wesentlich weniger als 300.000 mal gefertigt wurde, war das Produktionsvolumen, gemessen am Bedarf, relativ klein. Verschärfend wirkten sich anfänglich auch reparationsbedingte Abgaben von Uhren an die sowjetischen Besatzungsbehörden aus.
Ab Mai 1948 wurde die Produktionsgemeinschaft Precis, wie u.a. auch Mechanik Lange & Söhne VEB von der neu gebildeten VVB Mechanik Dresden, als übergeordneten Planungs- und Verwaltungsorgan betreut. Erst mit der 1951 erfolgten Verstaatlichung und Übertragung der Rechtsträgerschaft an die VVB Mechanik Dresden existiert, zumindest formell, bis zur Gründung der Glashütter Uhrenbetriebe für vier Monate ein VEB Precis Glashütte.
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.