Juli 1918
Geschäftsveränderung in Glashütte.
Die Firma S t r a s s e r & R o h d e in Glashütte, die bekannte Uhrenfabrik und Werkstatt für Feinmechanik, aus deren Werkstätten schon viele Uhren für wissenschaftliche Zwecke, u. a. auch die Präzisions-Pendeluhren DUB, hervor-gegangen sind, ist in den Besitz des Herrn
F. W. K r e i s , Inhaber der Uhren-großhandlung F. W. Kreis in Berlin-Schöneberg, Bozenerstr. 22, übergegangen. Der neue Besitzer der Firma hat sich die weitere Mitarbeit des Herrn R h o d e , der trotz seines vorgeschrittenen Alters noch unermüdlich in der Werkstatt tätig ist, gesichert. Das bietet eine Gewähr dafür, daß die Erzeugnisse der Firma Strasser & Rohde auch unter dem neuen Besitzer jenen Grad von Vollendung zeigen werden, die den Erzeugnissen der Glashütter Firmen aus alter Schule eigen ist.
1918 kam auch der spätere Inhaber der Firma Strasser & Rohde, der bis dahin bei der Berliner Firma Löbner tätig war und von daher schon mit den Präzisionsuhren von Strasser & Rohde vertraut war, als Betriebsleiter von Strasser & Rohde, zur Firma F.W. Kreis.
1919 Gustav Rohdes siebzigster Geburtstag.
"Herr G u s t a v Rohde, der Mitgründer der allbekannten Glashütter Uhrenfabrik von
S t r a s s e r & R o h d e , feierte am 18. Dezember seinen siebzigsten Geburtstag. Herr Rohde hat seine Lebensarbeit unserem Fache gewidmet. Seiner hervor- ragenden Geschicklichkeit ist es neben den theoretischen Arbeiten unseres unvergeßlichen Professor Strasser zu danken, daß sich die Fabrikate seiner Firma insbesondere auf dem Gebiete der Präzisionsuhren und Meßwerkzeuge Wellruf erworben haben, und daß der Name Glashütte nicht zurückzustehen braucht, wenn es sich um Feingerät für wissenschaftliche oder praktische Zeitbeobachtung handelt. Durch die von Strasser & Rohde gelieferten Beobachtungsuhren in „feldmarschmäßiger" Ausrüstung für geodätische Beobachtungen ist der Name der Firma selbst in den entlegensten Teilen der Welt bekannt geworden.
Das Wirken Rohdes hat sich aber nicht nur auf die Herstellung erstklassiger Fabrikate beschränkt; mancher Jünger der Uhrmacherei und Feinmechanik verdankt ihm eine gediegene Ausbildung und weitgehende fachliche Förderung. Nicht zuletzt dieses Wirken hat zu der Sympathie beigetragen, die er sich durch sein leutseliges Wesen erworben hat.
Gustav Rohde blickt zurück auf ein Leben reich an Arbeit aber auch reich an Erfolgen, und man muß seinem Wirken um so mehr Hochachtung zollen, als es nie darauf gerichtet war, Reichtümer zu erwerben. Möge ihm noch ein langer, glücklicher Lebensabend beschieden sein! Des Dankes und der Hochachtung aller Fachgenossen ist er gewiß."
Wie aus einer Firmen-werbung des Jahres 1921 hervorgeht, existierte zu Beginn der 1920er Jahre unter dem Unternehmer F. W. Kreis, auf dem Uhrensektor ein Firmen-konglomerat mit verschiedenen Ablegern in Berlin, Glashütte und Genf. Damit wird auch die vor 1918 unübliche Verwendung Schweizer Rohwerke in den Präzisionsuhren der Firma Strasser & Rhode nachvollziehbar. Mit einem Mikrometer der Firma Strasser & Rhode sowie Stoppuhren der Firma Ronda Glashütte konnte der Einsatz von Schweizer Rohwerken durch die dem Unternehmer F. W. Kreis gehörenden Firmen, nachgewiesen werden.
1916 wurde der "Mikrograph", die weltweit erste Stoppuhr mit einer Meßgenauigkeit von 1/100 Sekunden, in der Schweiz von der Firma Heuer zum Patent angemeldet. Der hier gezeigte Mikrograph der Firma „Strasser & Rohde“, mit der Patentnummer CH73392/93, basiert auf diesem Schweizer Patent. Bei dem Rohwerk handelt es sich um ein 19-liniges Chronographenwerk der Firma Heuer, welches in Glashütte u.a. zumindest mit einer Schwanenhals-Feinregulierung, einer 12 mm kleinen monometallischen Unruh und einer sehr kräftigen Spirale vollendet wurde. Die Unruh erreicht 360.000 Halbschwingungen pro Stunde - also 100 A/s. Die spezielle Einteilung des Zifferblattes und das Fehlen der ansonsten für diese Stoppuhren verwendeten Rattrapante-Funktion deutet nicht auf die sonst übliche militärische, sondern eher auf eine wissenschaftliche Nutzung im geophysikalischen, geodätischen oder im sportlichen Bereich hin. Da die Patentnummer sowohl auf dem Zifferblatt als auch auf der Platine zu finden ist, muss von einer Fertigung nach dem Jahr 1916 ausgegangen werden. Ob die Fertigung noch in die Zeit bis 1925, als sich die Firma Strasser & Rohde im Besitz des Berliner Uhrenhändlers Kreis befand, oder in die Zeit danach, wo sie der vormalige Betriebsleiter Herr Weiß erworben hatte, fällt, ist Gegenstand weiterer Recherchen. Gleiches gilt für die Fragestellung, ob es sich hier um ein Unikat oder um eine Kleinserie handelt.
Die Präzisionspendeluhr Nr. 296 für den Zeitdienst der Stadt Hamburg
Für die öffentlichen Normaluhren der Stadt Hamburg war im Museum für Hamburgische Geschichte noch in den 1920er Jahren eine Zeitdienst-Zweigstelle der Sternwarte Hamburg Bergedorf eingerichtet worden. Dafür wurde in den Räumlichkeiten des Museums die Präzisionspendeluhr Nr. 296 der Firma Strasser & Rohde installiert. Von Bergedorf aus wurde die Uhr mittels eines alle zwei Sekunden erfolgenden Stromstoßes im genauen Gang gehalten. [001]
Im Juli 1924, wenige Monate vor dem Tod des Firmeninhabers erhält Paul Weiß, für die Firma Strasser & Rohde, Prokura.
Dezember 1924 Personalien. Am 29. November verstarb der Fabrikbesitzer
F r i e d r i c h W i l h e l m K r e i s , Inhaber der Firmen F. W. Kreis in Charlottenburg und Strasser & Rohde in Glashütte in Sa., sowie Leiter der Firma Ronda G. m. b. H., Glashütte i. Sa. Der Verstorbene hat sich während des Krieges als weit vorausschauender Geschäftsmann erwiesen, indem er eine umfangreiche Eindeckung mit Schweizer Echappements, die dann für Registrierzwecke in großen Mengen gebraucht wurden, vorgenommen hatte. Nach dem Kriege ist es ihm gelungen, sowohl seine alte Firma, wie auch die neu übernommenen Firmen kräftig weiter zu entwickeln, für die sein Ableben einen schweren Verlust bedeutet.
Juli 1925 Geschäfts-Veränderungen. G l a s h ü t t e (Sa.).
Die im Jahre 1875 gegründete Uhrenfabrik Strasser & Rohde. die im Juni 1918 in den Besitz der Firma F. W. Kreis in Charlottenburg überging, wurde kürzlich von dem bisherigen Geschäftsführer, Direktor Weiß, käuflich erworben.
April 1925 – Der Fabrikneubau der Firma Strasser & Rohde wurde an die Glashütter Firma C. H. Wolf, G. m. b. H. verpachtet.
[X] „Saxonia“ Organ des A. H. Verbandes der Schülervereinigung « Saxonia » an der Deutschen Uhrmacherschule zu Glashütte in Sachsen. Nr. 28; Juni 1925 S. 35
August 1925 Kleine Nachrichten. — Die Zweigniederlassung der Firma S t r a s s e r & R o h d e , Glashütte (Sa.), bei der Firma F. W. Kreis in Charlottenburg ist erloschen.
September 1925 — In das Handelsregister des Amtsgerichts Lauenstein ist betr. die Firma
R o n d a , U h r e n f a b r i k mit b e s c h r ä n k t e r H a f t u n g in Glashütte (Sa.) am 12. August eingetragen worden: Die Gesellschaft ist nichtig. Zum Liquidator ist der Stadtrat Robert Vogel in Glashütte bestellt.
Februar 1927 Kleine Nachrichten. — Die Liquidation der Firma „Ronda", Uhrenfabrik m. b. H. i. L., Glashütte (Sa.), ist beendet. Die Firma ist erloschen.
1930 Gustav Rohde †, Glashütte.
Am 1. September starb nach kurzer Krankheit einer der ältesten ehemaligen Glashütter Industriellen, Herr Gustav Rohde, im Alter von fast 81 Jahren. In großer Frische konnte er noch Ende des vergangenen Jahres seinen 80. Geburtstag feiern. Der Entschlafene kam nach seiner Ausbildung als Uhrmacher nach Glashütte, wo er zunächst bei Moritz Großmann tätig war. 1875 gründete er zusammen mit Prof. Strasser die Firma Strasser & Rohde, die durch die Fabrikation astronomischer Pendeluhren, Meßwerkzeugen und feinmechanischer Apparate für wissenschaftliche Zwecke Weltruf erlangte. Herr Rohde war in allen Fachkreisen hochgeschätzt und durch seinen Idealismus und seine Jovialität eine allseitig wohlgelittene Persönlichkeit. Er durfte sich lange Jahre der Blüte seiner Firma erfreuen, die 1917 in andere Hände überging.
Zwischen 1926 und 1940 verändert sich das Firmenprofil. An Stelle von Präzisionspendeluhren werden u.a. Autouhren, aber auch Präzisionsgeräte für die Firma Zeiss Ikon in Dresden gefertigt.
Am 17.1.1937 wird der Ehefrau von Paul Weiß, Frau Margarete Weiß, geb. Herzog, Prokura für die Firma Strasser & Rohde erteilt.
Präzisionspendeluhren wurden erst wieder zwischen 1941 und 1943 und nach Kriegsende 1945 hauptsächlich als Reparationsleistungen für die Sowjetunion, gefertigt.
1943 heiratete Arno Wustlich eine Tochter von Margarete Weiß. Er war dann bis 1958 in der Firma seiner Schwiegermutter als Betriebsleiter tätig.
Vermutlich 1945 als Reparationsgut in die Sowjetunion verbracht, mit russischem ZB versehen und noch erhalten - Tertienzähler Strasser & Rohde Nr. 0086
Frau Margarete Weiß, Inhaberin der 1875 gegründeten Firma Strasser & Rohde lässt die Firma zum 31.12 1958 aus dem Handelregister streichen.
Damit hört nach 83 Jahren, die weltbekannte, traditionsreiche Firma Strasser & Rohde auf zu existieren.
Bei einem Besuch bei Herrn Wustlich, dem letzten Betriebsleiter der Firma Srasser & Rohde, dokumentiert Steffen Pahlow in einem anschaulichen Video die Funktion der Strasser Hemmung an einem aus den Kriegswirren geretteten Originalobjekt aus dem ehemaligen Firmenbesitz.
Zum Video gelangen Sie >> hier<<.
Einen interessanten Einblick in die komplizierte Technik einer Glashütter Präzisionspendeluhr vermitteln drei Videos von Steffen Pahlow, in denen er die Umrüstung einer Präzisionspendeluhr der Glashütter Firma "Karl W. Höhnel" mit Graham-Gang auf eine Glashütter Strasser-Hemmung dokumentiert.
1. Teil: Das Gestell - zum Video gelangen Sie >> hier <<
2. Teil: Der Anker mit Rubinen - zum Video gelangen Sie >> hier <<
3. Teil: Die besondere Pendelfeder - zum Video gelangen Sie >> hier <<
1992 Arno Wustlich, der für die Firma von 1943 als Betriebsleiter tätig war, stirbt als letzter Zeitzeuge der Firma in Glashütte.
Die Eigentumsverhältnisse der Firma Strasser & Rhode Glashütte i/Sa.
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.