Zum 30. Todestag von Gustav Gerstenberger am 10.8.1983 eine Erinnerung an den Letzten der großen Glashütter Chronometermacher
2013 ist es schon 30 Jahre her, dass mit dem 1886 in Breslau geborenen Gustav Gerstenberger der letzte der bedeutenden Glashütter Chronometermacher kurz nach Vollendung seines 97. Lebensjahres in Bannewitz bei Dresden verstarb. 1905 war er bei Prof. Strasser Schüler an der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte und von da an bestand eine recht enge persönliche und fachlicher Verbundenheit. Nach Wanderschaft und erstem Weltkrieg widmete er sich bei der Firma A. Lange & Söhne als freier Mitarbeiter vor allem dem Chronometerbau. 1930 berichtete die Fachpresse, dass 40% der von Gustav Gerstenberger zur jährlichen Konkurrenzprüfung an der Deutschen Seewarte Hamburg eingereichten Chronometer Preise erhalten haben. Auch noch in den 1960er Jahren erreichten von ihm bei der Chronometer-Prüfstelle der DDR in Stralsund eingereichte Chronometer, erste Plätze. Eine Leistung, die ihres Gleichen sucht. Eine besondere Spezialität sind seine hochpräzisen und formschönen Tischchronometer, die in den 1920er und 30er Jahren von Uhrmachern gern als Zeitnormal und als Blickfang der Schaufensterdekoration verwendet wurden. Schon weit über sein 80. Lebensjahr hinaus arbeitete er noch als Regleur und Reparateur für die GUB und den Stralsunder Chronometerprüfdienst. Nicht zu vergessen sind auch die von ihm entwickelten „Gerstenberg’schen Kurventafeln“, nach denen ganze Uhrmachergenerationen die Endkurven ihrer Breguet-Spiralenfedern gebogen haben.
Tischchronometer Nr. 93 des Glashütter Chronometermachers
Gustav Gerstenberger * 6.7.1886 - † 10.8.1983
Tischchronometer Nr. 93 von Gustav Gerstenberger mit 11 Rubinen, Zentralsekunde und Sekundensprung. Das im Durchmesser 60 mm große Federchronometer-Werk hat ein großes vorstehendes Federhaus und feinkörnig vergoldete Platinen. Die hintere Halbplatine hat einen Durchmesser von 51 mm. Das Aufzugsgesperr mit mittigem Aufzugsvierkant zur Zeigerstellung ist ebenso fein poliert, wie die versenkten Werkschrauben. Die schwere Nickelstahl-Kompensationsunruh hat zwei zylindrische Gewichte und sechs goldene Regulierschrauben und eine harte, isochronische Breguetspirale mit Gerstenberg‘scher Endkurve. Der Deckstein für den Lochstein des Unruhwellenzapfens im zweifach geschraubten Goldchaton des langen Unruhklobens ist ein Diamant. Das Werk ist signiert „G. Gerstenberger Glashütte i/Sa No 93“. Das versilberte und signierte Metallzifferblatt hat einen Durchmesser von 90 mm, einen inneren und einen äußeren Minutenring mit arabischen Zahlen 5 bis 60 sowie römische Stundenziffern und blau angelassene Stahlbirnenzeiger. Der zart ausgeführte Zentralsekundenzeiger des blau angelassenen Stahlbirnenzeigersatzes ist am kurzen Ende zu einem birnenförmigen Ausgleichsgewicht ausgebildet. Das pultförmige Gehäuse besteht aus einem massiven Mahagoniblock in den Abmessungen Länge / Breite 133 x 133 mm, Höhe vorn 20 und hinten 60 mm und einer eingesetzten Messingdose von 95 mm Durchmesser zur Aufnahme des Chronometerwerkes. Die Schraublünette für das plane, aber facetierte Abdeckglas hat einen Durchmesser von 95 mm und ist außen gerändelt. Aufzug und Zeigerstellung erfolgen mittels Vierkantschlüssel von der Rückseite. Die dafür notwendigen Gehäuseausbohrungen sind durch eine runde, drehbare Messingscheibe verschließbar.
Informationen über das Leben und Wirken von Gustav Gerstenberger finden Sie >> hier <<
Auf Anregung von Prof. Strasser - Direktor der Deutschen Uhrmacherschule, von Gustav Gertsenberger entwickelte Kurventafeln.
Anleitung für die prakt. Anwendung der Kurventafeln
Am 10. August 1983 nur vier Wochen nach der Vollendung seines
97. Geburtstages vollendet sich das Leben des letzten großen Glashütter Chronometermachers.
Literatur:
[5] Uhren -Journal für Sammler klassischer Zeitmesser; Nr.6 v. 1992 S. 16-17 Autor; Fritz von Qsterhausen; Über Tischchronometer Teil 2
[6] Die Uhrmacherkunst Nr.2 v. 15. Jan. 1921 Anzeigenteil
[7] Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr. 48 v.1936 S. 8 Anzeigen
[8] Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr. 30 v. 1939 S. 425
[9] Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr. 45 v.1939 S.586
[10] Deutsche Uhrmacher-Zeitung Nr. 42 v. 1926 S.23 Anzeigen
[11] Uhren und Schmuck Nr. 1 v.1967 S.31
[12] Uhren und Schmuck Nr. 4 v. 1981 S.126
[13] Kurt Herkner; Glashütter Armbanduhren S.147
[14] Uhren und Schmuck Nr. 1 v. 1984 S.29
[15] Uhren und Schmuck Nr. 3 1986