Beobachtungsuhren
Was ist unter einer Beobachtungsuhr zu verstehen.
Bei mechanischen Beobachtungsuhren unterscheidet man zwischen
1. Stationäre ( Präzisionspendeluhren)
2. Tragbare ( Seechronometer, Deckuhren bzw. Präzisionstaschen )
Quelle: Die Uhrmacherkunst Nr.32 vom 05.08.1927b S.566
Aus heutiger sicht sind Beobachtungsuhren relativ große, in der Regel offene Präzisionstaschenuhren, in Silbergehäusen, die für eine Verwendung in wissenschaftlichem,- technischem oder militärischem Bereich gefertigt und speziell reguliert wurden. In der Luft– und Schifffahrt dienten sie vorwiegend der Ortsbestimmung. Je nach Anwendungsbereich oder Kundenwunsch wurden sie mit einer Anker- oder Chronometer Hemmung sowie mit oder ohne einer Gangreserveanzeige gefertigt.
Tourbillons / Drehganguhren gehören ebenfalls zur Kategorie der Beobachtungsuhren.
1956 veröffentlichte Dr. Wilhelm Keil in der Fachzeitschrift "Die Uhr" einen Artikel - Über den Begriff "Präzisionsuhr"
Erstmalig startete in Deutschland das Kaiserliche Observatorium zu Wilhelmhafen am 26. Mai 1883 einen Aufruf zu einer Wettbewerbs-Prüfung zur Deckung des Bedarfes der Kaiserlichen Marine an Beobachtungsuhren, die auch als Decks-Uhren bezeichnet wurden
Die darin aufgelisteten Anforderungen an das Äußere sowie an die Konstruktion und die Ganggenauigkeit wurden mit der Zeit den fortschreitenden technischen Entwicklungen, vor allem in Bezug auf die Ganggenauigkeit angepasst.
Für eine Beobachtungsuhr war in Deutschland grundsätzlich eine Gangprüfung der Seewarte Hamburg, des Kaiserlichen Observatorium Wilhelmshafen oder einer Sternwarte, nach den jeweils für Beobachtungsuhren geltenden Bestimmungen erforderlich und mit einem entsprechenden Gangschein, der dann zur der jeweiligen B-Uhr gehörte, zu belegen. Die Prüfung der Ganggenauigkeit musste in regelmäßigen Abständen wiederholt werde.
1887
Auszug aus dem X. Bericht über die Thätigkeit der Abteilung IV der Seewarte ( Chronometer-Prüfungs-Institut) wähend des Jahres 1900
Beobachtungsuhren & Tourbillions
1940
Prüfgrenzen für Chronometer- und Taschenuhren-Prüfungen der Deutschen Seewarte zu Hamburg
1952
Nach derzeitigem Kenntnisstand fertigten nachfolgend aufgeführte Firmen der Glashütter Uhrenindustrie Beobachtungs- bzw. Decks-Uhren.
Modellbeispiele
Glashütter Beobachtungs- bzw. Decks-Uhren
1911
1904 - A. Lange & Söhne
Halbsekunden- Taschen-Beobachtungs-Chronometer
Kaliber 50
Uhrenfabrik Union Glashütte - Ankerchronometer Kaliber 50
Beobachtungsuhr der Kaiserlichen Marine
Bei dem hier vorgestellten Ankerchronometer der Uhrenfabrik UNION Glashütte i/Sa. mit der identischen Werk- und Gehäusenummer 78587 handelt es sich um eine Sonderkonstruktion. Es ist ein 22-liniges Werk mit einem Durchmesser von 49,632 mm und damit das größte von UNION gefertigte Taschenuhrwerk. Die Ankerchronometer von A. Lange & Söhne haben maximal 21-linige Werke. Insgesamt wurde von UNION nur eine geringe Stückzahl gefertigt. Davon kam im Ersten Weltkrieg aber nur ein Teil bei der kaiserlichen Kriegsmarine zum Einsatz. Bei der hier gezeigten Uhr handel es sich um ein solches Exemplar, wie man unschwer am "M" und der Nummer 1288 auf dem Gehäuseboden erkennen kann. Zivil genutzte UNION Ankerchronometer haben diese Kennung nicht. Bisher konnten nur 4 Exemplare der Kriegsmarine und 14 Stück zivile Anckerchronometer dokumentiert werden.
Die Größe der bimetallischen Kompensationsunruh entspricht der von Moritz Großmann errechneten optimalen Größe für die sogenannte Chronometerunruh. Um das optimale Maß der Unruh zu ermitteln wird der Durchmesser der Grundplatine mit 0,4 multipliziert. Darin und in der besonderen Konstruktion des Werkes liegt sicherlich auch der Grund dafür, dass diese Präzisionsinstrumente als Beobachtungs-Chronometer beziehungsweise als Ankerchronometer bezeichnet werden.
Ausnamslos alle Beobachtungsuhren, die zum Einsatz für die Kaiserliche Marine bestimmt waren, mussten sich einer strengen Gangprüfung im Kaiserlichen Observatorium Wilhelmshafen unterziehen. Nur die Uhren, die auf Grund ihrer ausgezeichneten Gangleistungen in die Klasse 1 eingestuft werden konnten, wurden von der Kaiserlichen Marine angekauft.
Ob es sich bei einer Glashütter Präzisions-Taschenuhr um eine Beobachtungsuhr handelt, kann bei den Präzisions-Taschenuhren der Firma A. Lange & Söhne auch mit einer Archivauskunft des Deutschen Uhrenmuseums Glashütte nachgewiesen werden. In den erhalten gebliebenen Verkaufsunterlagen von A. Lange & Söhne wurden Beobachtungsuhren gesondert ausgewiesen, auch wenn vom Kunden kein Prüfzertifikat der Klasse 1 gewünscht wurde.
Deutsche Uhrenfabrikation Glashütte A. Lange & Söhne Beobachtungsuhr Kaliber 45
Die hiergezeigte offene Taschenuhr Nummer 79279 der Marke Deutsche Uhrenfabrikation Glashütte, der Firma A. Lange & Söhne wurde mit einem weißen Emaille-Zifferblatt mit römischen Ziffern und einem großen Hilfszifferblatt für die Sekundenanzeige ausgestattet. Das 15-steinige dreiviertelplatinen Werk Kaliber 45, mit Kompensationsunruh, Breguespirale und der Glashütter Ankerhemmung erfüllt zusammen mit dem Zifferblättern und dem offenen Silbergehäuse zwar grundsätzlich die Voraussetzungen die an eine Beobachtungsuhr gestellt wurden, allerdings fehlt dafür der entscheidende Beleg. Für die Einstufung als Beobachtungsuhr war das Erreichen der von der Deutschen Seewarte Hamburg vorgegebenen Gangwerte für die große Prüfung von Präzisions-Taschenuhren in der Klasse 1 zwingend erforderlich. Diese Prüfung erstreckte sich insgesamt über 42 Tage, in der die Ganggenauigkeit der Uhr in Lagen und Temperaturen geprüft und nach bestandener Prüfung ein Zertifikat (Gangschein) ausgestellt wurde.
Deutsche Uhrenfabrikation Glashütte A. Lange & Söhne Beobachtungsuhr Kaliber
43
Schon vor den ab 1942 von der Firma A. Lange & Söhne gefertigten B-Uhren Kaliber 48 wurden bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts vermehrt offene Beobachtungsuhren in verschiedenen Kalibergrößen, Qualitäten und Ausstattungsvarianten in Silbergehäusen gefertigt. Bei der hier vorgestellten A. Lange & Söhne B-Uhr der Marke „Deutsche Uhrenfabrikation Glashütte“ (DUF) mit der Werk- und Gehäusenummer 93369 handelt es sich um eine solche. B-Uhren kamen sowohl im wissenschaftlichen, technischen, aber auch militärischen Bereich zur Anwendung. Äußerliche Erkennungsmerkmale waren ein Zifferblatt mit deutlich sichtbaren, oft römischen Ziffern und einem übergroßen Hilfszifferblatt für die Sekundenanzeige. Im maritimen Bereich war auch der Begriff „Decks-Uhr“ geläufig. Die Uhren der Kaiserlichen Marine und der Kriegsmarine erhielten spezielle Kennzeichnungen. Bei einem guillochierten Rückdeckel erfolgte diese im „Auge“ des Deckels. Eine aus dem Jahr 2000 in der Fachzeitschrift Klassik Uhren ohne verifizierbare Belege stammende Übersicht über die von A. Lange & Söhne gefertigten B-Uhren ist nach heutigen Erkenntnissen leider in verschiedensten Positionen sachlich falsch und sollte nur in den überprüfbaren Angaben zitiert werden. An einer den heutigen Erkenntnissen entsprechenden Publikation zu den B-Uhren wird gearbeitet.
Informationen zu Zifferblattsignaturen bei den von der Firma A. Lange & Söhne entwickelten Marine-Beobachtungsuhren vom Kaliber 48
Bei der Erfassung noch existenter Marine-Beobachtungsuhren des von der Glashütter Firma A. Lange & Söhne 1942 entwickelten Werkkaliber 48 ist aufgefallen, dass bei den bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 ausgelieferten Uhren vereinzelt Zifferblätter auftauchen, die mit der Signatur „A. Lange & Söhne Glashütte i. S.“ bedruckt sind.
Die Zifferblätter der bis April 1945 gefertigt und ausgelieferten Marine- Beobachtungsuhren von A. Lange & Söhne hatten aber grundsätzlich keine Signatur.
Insofern kann man die Kriegsproduktion der Marine-Beobachtungsuhren vom Kaliber 48, die auf dem Zifferblatt eine Signatur aufweisen, nicht mehr als „Original“ bezeichnen.
Als Sammler der Wert auf Originalität legt, sollte man also darauf achten, dass Marine B-Uhren vom Kaliber 48, die sich anhand der Werk- und Gehäusenummer der Kriegsproduktion zuordnen lassen, keinerlei Zifferblattsignatur aufweisen. Hilfreich dabei ist immer eine Archivauskunft des Uhrenmuseums Glashütte.
Aus der auf Beschluss des sächsischen Landtages im April 1948 verstaatlichten Firma A. Lange & Söhne ging die Firma „Mechanik Lange & Söhne VEB“ hervor. Diese Firma verfügte noch über Rohwerke und Teile des Werkkalibers 48, die zu Beobachtungsuhren für zivile Zwecke vollendet wurden. Für diese Uhren wurden die Zifferblätter mit zwei unterschiedlichen Signaturen und Typografien versehen. Die Typografie der ersten Signatur war in Ariel, zweizeilig, fett „LANGE VEB GLASHÜTTE /SA.“. Eine zweite Signatur war ebenfalls zweizeilig, aber in Times New Roman, fett gedruckt „A. Lange & Söhne Glashütte/ SA.“. Beide Signaturen waren fett in Großbuchstaben gedruckt, wobei die zweite Zeile mit „Glashütte/ SA.“ in der jeweiligen Typografie in einer kleineren Schriftgröße gedruckt war.
Aufgrund des Bekanntheitsgrades der ehemaligen Firma A. Lange & Söhne kann davon ausgegangen werden, dass die Zifferblätter mit der zweiten Signatur für Beobachtungsuhren bestimmt waren, die für Devisen im westlichen Ausland verkauft werden sollten. Auf Messen, wie zum Beispiel der Leipziger Mustermesse wurden die Uhren auch entsprechend beworben.
Da es sich bei den Werken der B-Uhren von Mechanik Lange VEB noch um restliche Rohwerkteile aus der Kriegsproduktion handelte, waren die Werkplatinen neben der Werknummer auch noch mit „A. Lange & Söhne Glashütte i. Sa.“ gekennzeichnet.
Auch bei diesen B-Uhren ist es sicher ratsam, eine entsprechende Archivauskunft des Uhrenmuseums Glashütte zu haben.
Nach Integrierung der Firma „Mechanik Lange & Söhne VEB“ in den im Sommer 1951 neu gegründeten „VEB Glashütter Uhrenbetriebe“ wurde erneut eine neue Zifferblattsignatur erforderlich. Neben der Signatur des VEB Glashütter Uhrenbetriebe „GUB“ und der Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“ war auch das neue DDR-Gütezeichen Q Bestandteil der Zifferblattsignatur. Bei noch vorhandenen Werkplatinen mit der Zifferblattsignatur „A. Lange & Söhne Glashütte i. Sa.“ wurde diese ausgefräst und mit neuer Firmensignatur der „GUB“ versehen.
1942
A. Lange & Söhne - Flieger-Beobachtungsuhr Kakliber 48
Bei der hier vorgestellten Luftwaffe- Beobachtungsuhr mit der Werk- und Gehäusenummer 214348 handelt es sich um das Kaliber 48 der Glashütter Firma A. Lange & Söhne. Das Rohwerk dieser Uhr wurde von A.Lange & Söhne im Fertigungsgrad 3 ausgeführt und am 01.November 1942 dem Berliner Amt für zentrale Verwaltungsaufgaben der Luftwaffe in Rechnung gestellt. Der Stückpreis betrug 140,00 Reichsmark. Mangels ausreichender Remontagekapazitätten der Firma A.Lange & Söhne erfolgte die feine Vollendung mit Gehäuse durch die Berliner Firma Conrad Felsing. Auch die Regulierung des Ganges in der Klasse 1. wurde von der Firma Felsing durchgeführt. Mit einer mittleren täglichen Gangschwankung von 0,17 Sekunden erreichte ein Teil der Werke sogar die Gangwerte der Sonderklasse. Das schwarze Metallzifferblatt mit dem Datum vom 23.09.1942 stammt von der Pforzheimer Zifferblätterfabrik Weber & Baral.
1944
A. Lange & Söhne - Beobachtungschronometer Kaliber 48
1961
VEB Glashütter Uhrenbetriebe - Beobachtungsuhr Kal 48.1
Die hier gezeigte und vom VEB Glashütter Uhrenbetriebe mit der Werk- und Gehäusenummer 218038 gefertigte Beobachtungsuhr wurde am 27. März 1961 an den VEB Uhren und Machinenfabrik Ruhla verkauft. Bei dem Uhrwerk handelt es sich um die von A. Lange & Söhne 1940 für die Deutsche Luftwaffe entwickelte Flieger Beobachtungs-Armbanduhr Kaliber 48, welches in leicht modifizierter Form bis 1971 von den GUB weiter als Taschenuhr für Beobachtungszwecke gefertigt wurde. Diese Beobachtungsuhren wurden vor dem Verkauf nach den geltenden Regeln für die Gangenauigkeit vom DAMG geprüft. Diese Prüfungen mussten in regelmäßigen Abständen wiederholt und mit einem Gangschein attestiert werden.
Weiterführende Literatur finden Sie - hier-.
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.