Die Entwicklung der „Deutschen Präzisionsuhr Original Glashütte“
1919 bis 1925 durch die DPUG
Die Entwicklung der „Deutschen Präzisionsuhr Original Glashütte“
1919 bis 1925 durch die DPUG
Ausgangspunkt und Anliegen war es, durch rationellere Fertigungsmethoden ein gegenüber der teuren herkömmlichen Glashütter Präzisionstaschenuhr eine qualitativ vergleichbare Uhr zu entwickeln, die aber preislich günstiger herzustellen war. Mit den bisher in Glashütte üblichen Fertigungsmethoden, jedes Werk und Gehäuse einzeln individuell anzupassen, war es nicht möglich größere Stückzahlen preiswerter herzustellen. Serien von 50 Stück waren schon die Höchstgrenze und eher gebräuchlich waren 10 bis 20 Stück. Es gab bis dahin für jedes Kaliber nur drei Zeichnungen, einen Schnitt durch das gesamte Werk, der die Höhenverteilung der einzelnen Teile darstellte, sowie die Ansicht des kompletten Werkes von der Zifferblatt- und der Brückenseite her. Der Nutzen dieser Zeichnungen war insofern begrenzt, als dass sie keinerlei Maßangaben enthielten. Technologische Unterlagen wie z.B. Maßzeichnungen von den Einzelteilen, die auch noch Toleranzangaben enthielten, gab es schon gar nicht. Eine beliebige Austauschbarkeit von Einzelteilen war somit unmöglich.[1]
Übersicht der Entwicklungsschritte und Modifikationen der
Deutschen Präzisionsuhr "Original Glashütte"
Die erstmals erstellte Klassifizierung der Taschenuhren der Deutschen Präzisions-Uhrenfabrik Glashütte (Sa.) e.G.m.b.H. nach
Kaliber, Typen und Werkqualitäten.
Kaliberübersicht | ||
Deutsche Präzisionsuhr "Original Glashütte
Kaliber 43 Typ 1 |
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Deutsche Präzisionsuhr "Original Glashütte"
Kaliber 43 Typ 2.1 |
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Deutsche Präzisionsuhr "Original Glashütte"
Kaliber 43 Typ 2.2 |
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Deutsche Präzisionsuhr "Original Glashütte"
Kaliber 43 Typ 3.1 |
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Deutsche Präzisionsuhr "Original Glashütte"
Kaliber 43 Typ 3.2 |
Erläuterungen zur Klassifizierung der Taschenuhren der Deutschen Präzisionsuhren-Fabrik Glashütte (Sa.) e. G. m. b. H. nach Kalibern, Typen und Werkqualitäten
Die Klassifizierung erfolgt in der Reihenfolge:
1. Modellbezeichnung (z.B. Deutsche Präzisionsuhr "Original Glashütte")
2. Werkkaliber (z.B. 43)
3. Werktyp; in der zeitlichen Reihenfolge der Entwicklung (z.B. 1.)
4. Fertigungsqualität; beginnend mit 1 als Beste
Übersicht der von der "Deutschen Präzisions-Uhrenfabrik e.G.m.b.H."
gefertigten Präzisionstaschenuhren |
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Kaliber | Typ |
tiefste Werk Nr. |
höchste Werk Nr. | Fertigung |
43 | 1 | 103604 | 105460 |
ca. 2.000 |
43 | 2 | 200032 | 209931 | ca. 10.000 |
43* | 3 | 350033 | 350900 | ca. 1.000 |
43 | Gesamtfertigung von 1919 -1925 | ca. 13.000 |
zur Übersichts- und Erfassungstabelle gelangen Sie >> hier <<
* Die offenen TU mit den 3000.000er Werknummern sind in der Fertigungszahl enthalten, da nur die letzten drei Ziffern, in chronologischer Reihenfolge, die gefertigten Uhren darstellen. Die ersten beiden Ziffern der Werknummern, 30 & 35 dienen nur der Uhterscheidung zwischen Lepine- und Savonette Modellen.
Am 07. August 1925 wurde die vom Konkursverwalter der DPUG, Herrn Canzler erstellte und am 06. Juli 1925 dem Konkursgericht übergebene Inventarliste, veröffentlicht. Er hatte ermittelt, dass in der Genossenschaft noch fertige Uhren, Fournituren und Halbfabrikate im Gesamtwert von rund 660.000 Mark vorhanden waren. Da eine „Deutsche Präzisionsuhr Original Glashütte“ im Einzelhandel rund 450,- Mark kostete, ist davon auszugehen, dass von der heute nachweisbaren Gesamtfertigung von rund 13000 Uhren etwa 2500 Uhren (nach IAP) erst nach dem Konkurs vom 16.Juni 1925 in den Handel gelangt sind. Das entspräche einer Durchschnittlichen Jahresproduktion von ca. 2100 Taschenuhren. Die errechneten Zahlen decken sich mit den, auf der Hauptversammlung vom 11. und 12. Januar 1925, veröffentlichten Fertigungszahlen, die für das absatzgünstigste Halbjahr 1923/24 nur 1222 verkaufte Uhren ausgewiesen hatte. [2]; [3]
Die von Kurt Herkner in seinem Buch "Glashütte und seine Uhren" auf Seite 216 zur Uhrenfertigung der Firma "Deutsche Präzisions-Uhrenfabrik Glashütte in Sachs. e. G. m. b. H." gemachte Aussage: "...ist die von mir früher geschätzte Uhrenverkaufszahl zu überdenken und auf 3000 bis 4000 Stück insgesamt festzulegen.", wurde nicht verifizierbar nachgewiesen und hat sich auf Grund empirischer Belege und der listenmäßigen Erfassung noch existierender Taschenuhren der Firma als nicht zutreffend erwiesen.
Durch eine Reihe von Veröffentlichungen aus den Jahren 1918 bis 1925 lässt die technologische Entwicklung der einzelnen Werkkaliber der Deutschen Präzisionsuhren-Fabrik e.G.m.b.H. Glashütte Sa. (in der Folge „Präzision") recht gut belegen.
Ein erster Schritt war also die Schaffung der technologischen Voraussetzungen für die rationellere, industrielle Fertigung einer Schablonenuhr. Bei der Übername der Präzisions-Uhren-Fabrik Akt. Ges. Glashütte Sa. stellte man fest, dass bereits vor Beginn des 1. Weltkrieges 1914 von den Konstrukteuren der Firma ein neues Schablonenuhrwerk entwickelt, aber durch die Schließung des Betriebes 1914 nicht mehr in die Serienproduktion überführte worden war. Die entsprechenden Halbfabrikate, Werkzeuge und Maschinen waren zumindest teilweise noch vorhanden. So konnte man z.B. auf ca. 3000 vertauschbare Gestelle Kaliber 43 und die entsprechenden Bohrschablonen zurückgreifen.
Neben der Vorbereitung der Produktionsräume und der Beschaffung fehlender Maschinen wurde bereits während der Instandsetzung der seit 1914 nicht mehr benutzen Maschinen an Verbesserungen der Schablonenuhr Typ 2 gearbeitet. [5]
Als erste Uhren wurden noch von der Vorgängerfirma vorhandene Halbfabrikate der Glashütter Präzisionsuhr vom Kaliber 43 Typ 1 von der Genossenschaft vollendet und in den Handel gebracht. Erkennbar sind diese Modelle an neuen Zifferblatt- und Werksignaturen ohne die Bezeichnung "AG" sowie an den 100.000er Werknummern. [6]
Deutsche Präzisionsuhr Glashütte Sa. Kaliber 43 Typ 1
Deutsche Präzisionsuhr "Original Glashütte" Kaliber 43 Typ 2.1
Für die erste Schablonenuhr der „Präzision“ wurde 1919 von der Leitung der Genossenschaft nach einem zugkräftigen Namen gesucht. Die Wahl fiel schlussendlich auf „Deutsche Präzisionsuhr Original Glashütte“ [6]
Den Markennamen Deutsche Präzisionsuhr „Original Glashütte“ und die Schutzmarke ließ man bereits 1919 und 1921 durch Eintrag in die Gebrauchsmusterrolle schützen. Auch die Schutzmarke für die in Hohenstein in eigener Fabrik gefertigte Gehäuse wurde in dieser Form geschützt. [7]; [8]
Auf der Grundlage eines bereits seit 1904 bestehenden Gesetzes hatten die ausgestellten Exponate automatisch einen dreijährigen Musterschutz. Das erklärt die Tatsache, dass Hugo Müller erst 1924 den regulären Musterschutz für diesen Anker beantragte und auch erhielt.
Weitere konstruktiven Veränderungen der bisherigen Glashütter Präzisionstaschenuhr führten zum Kaliber 43 Typ 3 Diesen Typ beschreibt der damalige bei der DPUG als technischer Zeichner beschäftigte, spätere Betriebsführer der Urofa Helmut Klemmer wie folgt:
„Das Gestell wurde vollständig umkonstruiert. Das bisherige Pfeilerwerk, das seit 1865 unverändert geblieben war, fiel weg. Die Neukonstruktion war auf einer massiven Unterplatte aufgebaut. Durch die Anschaffung moderner und schwerer Masschinen war diese Umstellung möglich. Dadurch konnte die untere Federhausbrücke sowie die untere Brücke für die Hemmungsteile wegfallen. Die Oberplatte wurde ebenfalls massiv gefertigt. In der Form wich sie in der für Glashütter Uhren typischen Dreiviertelplatine nur dadurch ab, dass das Ankerrad unter einem besonderen Kloben gelagert wurde. Dadurch' sollte der Einbau der Hemmung erleichtert werden. Außerdem konnte das bisherige Ankerradklöbchen, das auf der Dreiviertelplatine montiert werden musste, wegfallen.
Die bisherige Glashütter Ankerhemmung wurde nicht mehr verwendet. Sie wurde durch eine Palettenankerhemmung mit sichtbaren Paletten, die der Schweizer Konstruktion entsprach, abgelöst. Für das Ankerrad und den Anker wurde weiterhin, eine neunkarätige Goldlegierung verwendet. Die Form des Ankers war so konstruiert, dass die Massen des Eingangs- und Ausgangsarmes sowie die der Ankergabel gleichgewichtig waren. Der Anker hatte somit keine Unwucht, was sich bei der Lagenreglage günstig auswirkte. Die Begrenzung des Ankerweges war sinnvoll gelöst worden. Anstelle der üblichen Begrenzungsstifte an der Ankergabel, die beim Einstellen entsprechend gebogen wurden, befanden sich am Eingangs- und Ausgangsarm zwei in der Werkplatte eingepresste Stifte mit exzentrischem Kopf. Durch Verstellen des Kopfes mit einem Schraubenzieher war es leicht, den verlorenen Weg einzustellen. Hiermit sind in groben Zügen die Bemühungen um den Aufbau einer zeitgemäßen Uhrenindustrie aufgezeichnet.“ [9]
1922 konnten von ca. 300 Beschäftigten im Stammwerk etwa 350 Taschenuhren im Monat gefertigt werden.
Während der Inflation kostete im August 1922 eine Lepine im Goldgehäuse 20.250,- Mark und eine Savonette 22.500,-Mark.
Vier Monate später waren es schon 93.000,- bzw. 105.000,- Mark. Der Goldpreis des 14-karätigen Gehäuses war darin noch nicht enthalten.
Ab März 1924 wurden auf der Basis der 1923 eingeführten Rentenmark neue Preise festgelegt. Sie betrugen für eine Lepine im 42g Goldgehäuse 358,- Rent. M, für die 58g Gold Savonette 396,-Rent. M, die 48g Silber Lepine 100,- Rent. M und für die 56g Silber Savonette 142,- Rent. M.
Bei einer Revision im Jahr 1925 wurde festgestellt, dass in der absatzgünstigsten Zeit, in den sechs Monaten von Oktober 1922 bis März 1923, insgesamt 1221 Präzisionsuhren, davon 885 Goldene und 336 Silberne, verkauft worden sind. Um in der Folgezeit diese Verkaufszahlen in etwa wieder zu erreichen, benötigte man dann schon das ganze Jahr 1924 [9]
Eine Rentabilität des Unternehmens war aber nach Einschätzung der Geschäftsleitung erst bei einem Absatz von 4-5 Tausend Uhren zu erreichen.
Die Deutsche Präzisionsuhr Original Glashütte mit dem Zifferblattsignet „Recte“
In einem Werknummernfenster von 205306 bis 206143 sind derzeit 12 Uhren der Deutschen Präzisionsuhren Fabrik e.G.m.b.H. nachweisbar, die auf dem Zifferblatt den Zusatz „Recte“ (Lat.: richtig, recht, gehörig, ordentlich) aufweisen. Die in dem vorgenannten Nummernbereich gefertigten Taschenuhren haben nur zum Teil die "Recte" Sinatur. Nach derzeitigem Erkenntnisstand dürfte es sich fast ausschließlich um Taschenuhren vom Kaliber 43 Typ 2.1 handeln, die 1924/25 über die Leipziger Vereinigten Werke vertrieben wurden.
Ob und inwieweit neben der Zifferblattbeschriftung "Recte" durch den Hersteller am dem Werkkaliber 43.2 konstruktive Veränderungen für diese Modelle vorgenommen wurden, ist Gegenstand laufender Recherchen. Eine erste Veränderung konnte an der Zeigerstellung festgestellt werden, wie die nachfolgenden Vergleichsbilder belegen.
Der Absatz an die an der Genossenschaft beteiligten Uhrmacher war auch auf Grund der Hyperinflation weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Das hatte zur Folge, dass unverhältnismäßig viele Rohwerke und Taschenuhren auf Lager produziert worden waren, für die neue Absatzmärkte gefunden werden mussten, da man bereits tief in den roten Zahlen steckte. Ein Beleg dafür, dass die Fertigungszeit dieser Uhren wenige Monate vor dem sich abzeichnenden Konkurs lag, ist die Tatsache, dass mit der Werknummer 207032 (1925) kurzfristig bereits Taschenuhren der Verbandsmarkenuhr Centra mit einem entsprechenden Zifferblattsignet gefertigt wurden. Der Vertrieb weiterer ca. 2.500 Taschenuhren Kaliber 43 Typ 2.1 und Typ 2.2 im Werknummernbereich 207500 bis ca. 210000 wurden dann schon ab Juli 1925 aus der Konkursmasse der DPUG vom Konkursverwalter und dem Hauptgläubiger der Girozentrale Sachsen in Dresden vertrieben.
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.