Dr. Ernst Kurtz Uhrenfabrik Memmelsdorf; Ziviler Armbanduhrchronograph Kaliber 59

  • Herstellung: 1941 - 1945
  • Remontage: 1945 - 1947
  • Werkdurchmesser: 15'''=  34 mm
  • Werkaufbau: massives Brückenwerk.
  • Aufzug: Kupplungsaufzug mit Winkelhebelfeder
  • Hemmung: Ankerhemmung
  • Unruh: Schraubenunruh mit Breguetspirale.
  • Steine: 17
  • Stoßsicherung:  ohne
  • Sekunde:Sekundenanzeige,   Stoppsekundenzeiger
  • Besonderheiten: Vorrichtung zum Additionsstoppen, Minutenzählen. Ohne Drehlynette, mit verchromten Gehäuse, Zifferblat ohne Tutima Signet, keine Deckelnummer

Modellbeispiel

Uhrenfabrikation in Memmelsdorf (Unterfranken)

 

Kurz vor Ende des 2. Weltkrieges wurden vom angestellten Vorstand der Uhrenfabrik AG Glashütte (Sa.) und der Uhren Rohwerkefabrik Glashütte AG ( Sa.), Dr. jur. Ernst Kurtz, aus den beiden Glashütter Werken, die ab 8. Mai 1945 zur sowjetisch besetzten Zone des Deutschen Reiches gehörten, Maschinen, technische Unterlagen und Halbfabrikate zu seinem seit 20. April 1945 neuen Wohnsitz nach Memmelsdorf in der amerikanisch besetzten Zone verlagert. Die Mitnahme weiterer betriebsinterner Unterlagen, wie zum Beispiel Konstruktionsunterlagen der noch 1943 in Zusammenarbeit zwischen der Urofa, der Firma Junghans & den Pforzheimer Uhren-Rohwerke GmbH (P.U.W) entwickelten neuen Generation von Armbanduhren, die 1944 abgeschlossen war, aber nicht mehr in die Produktion überführt werden konnte, kann vermutet werden, ist aber bisher nicht belegt. In Memmelsdorf /Unterfranken, im Mai 1945 bereits in dem von Amerikanern besetzten Teil des Deutschen Reiches gelegen, befand sich eine zum Schutz vor Fliegerangriffen, vermutlich 1944 für die Kriegsproduktion errichtete Außenstelle der Uhren Rohwerkefabrik Glashütte AG i. Sa. Noch 1945 soll laut nicht verifizierbaren Angaben von Kurt Herkner in seinem Buch „Die Glashütter Armbanduhren“ vor einem Bamberger Notar ein Kaufvertrag abgeschlossen worden sein, der die Grundlage für eine neue Firma „Uhrenfabrik Kurtz“ in Memmelsdorf gebildet haben soll.

Mit den angeeigneten Maschinen, Halbfabrikaten und ehemaligen Glashütter Beschäftigten wurde noch 1945 unter Verwendung von Rohwerketeilen vom UROFA Kaliber 5, des Tutima-Fliegerchronographen der Reichsluftwaffe, mit der Remontage eines zivilen Armbanduhrchronographen begonnen. Gegenüber der für die Luftwaffe gefertigten Ausführung weist der in Memmelsdorf gefertigte Chronograph folgende Veränderungen auf.

 

  • Das Zifferblatt hat weder das Tutima Signet noch den Schriftzug „Glashütte“.
  • Der Chronograph hat keine drehbare Lünette.
  • Es ist keine Nut für die Lünettenfeder mehr vorhanden.
  • Keine Herstellerkennung „Uhrenfabrik AG Glashütte (Sa.)“ auf der Innenseite das Schraubbodens. Gleiches gilt für die Prägung „Wassergeschützt“.
  • Keine Werknummerprägung auf dem Schraubboden.
  • Verchromtes, statt vernickeltes Gehäuse.

 

Mit diesen Veränderungen, war ein hochwertiger, ziviler Armbanduhrchronograph mit Breguetspirale, Made in Germany entstanden, dessen ehemaliger militärischer Verwendungszweck bei der Luftwaffe der Deutschen Wehrmacht von der Besatzungsmacht nicht mehr ohne weiteres zu erkennen war und wohl auch nicht erkannt werden sollte.

 

Bisher konnten von der Werknummer 214912 bis 216709 sieben zivile Armbanduhrchronographen mit diesen Ausstattungsmerkmalen nachgewiesen werden.

Eine Reihe weiterer Artefakte zwischen den vorgenannten Werknummern weisen zumindest teilweise Veränderungen des Originalzustandes am Gehäuse und am Zifferblatt auf und lassen deshalb keine eindeutige Einordnung zu. Es ist nicht auszuschließen, dass auch noch vernickelte Gehäuse verwendet wurden. Generell sollte man aber bei Werknummern über 214912 eher nicht mehr davon ausgehen, dass es sich dabei noch um eine Fertigung vor Mai 1945 handelt.

 

Ziviler Armbanduhrchronograph um 1946 mit Werkkaliber UROFA 59

Bei dem hier vorgestellten, im Originalzustand erhaltenen  Armbanduhrchronographen mit der Werknummer 214912 und dem UROFA Kaliber 59 handelt es sich um einen der ersten, einer Nachkriegserie von etwa 2.000 Stück, die in der Uhrenfabrik Kurtz in Memmeldorf/Unterfranken remontiert wurden. Mit kurz vor Ende des 2. Weltkrieges vom angestellten Vorstand Dr. jur. Ernst Kurtz aus Glashütte (ab 8.5.1945 Sowjetisch besetzte Zone) zu seinem neuen Wohnsitz nach Memmelsdorf in der amerikanisch besetzten Zone verlagerten Halbfabrikaten und Maschinen der Aktiengesellschaften UROFA und UFAG begann Dr. Kurtz mit ehemaligen Glashütter Beschäftigten noch 1945 in einer vor Kriegsende in Memmelsdorf errichteten Außenstelle der UROFA mit Remontagearbeiten eines Armbanduhrchronographen mit dem Kaliber 59 der UROFA ohne Lünette. Das Gehäuse wurde an der Stelle der Nut der Lünettenfeder soweit abgedreht, dass die vorherige Funktion der Uhr als Fliegerchronograph der Wehrmacht mit drehbarer Lünette nicht mehr nachvollziehbar war. Diesem Zweck diente vermutlich auch der Verzicht auf das Tutima Logo auf dem Zifferblatt sowie der UFAG Kennung auf der Innenseite des Schraubbodens. Die ansonsten obligatorische, mit der Werknummer identische, Bodennummernprägung ist bei den Armbanduhr- chronographen aus der Memmelsdorfer Fertigung nach 1945 ebenfalls nicht mehr vorhanden. Mit dem nun nicht mehr vernickelten, sondern, verchromten Gehäuse war ein hochwertiger, ziviler Armbanduhr- chronograph Made in Germany entstanden, dessen ehemaligen militärischen Zweck von der Besatzungsmacht nicht mehr ohne weiteres zu erkennen war und wohl auch nicht erkannt werden sollte.

Schaltradchronograf mit Kaliber UROFA 59

Bei dem hier vorgestellten Schaltradchronografen mit der Werknummer 216055 handelt es sich um die unmittelbar nach Ende des 2. Weltkrieges von der Dr. Kurtz Uhrenfabrik in Memmeldorf (Oberfranken) gefertigte zivile Ausführung des Tutima-Fliegerchronografen der UFAG mit dem UROFA-Werkkaliber 59. Der angestellte Geschäftsführer der UFAG & UROFA Glashütte hatte sich kurz vor Kriegsende mit Gehäusen und Rohwerkteilen Kal. 59 für ca. 2000 Uhren nach Memmeldorf "abgesetzt" und eine eigene Firma gegründet. Durch Weglassen der Lünette, des Tutima Signes und der Herkunftsbezeichnung Glashütte auf dem Zifferblatt und auf der Innenseite des Schraubbodens wurde die eigentliche Herkunft und militärische Verwendung bewusst verschleiert.

Ziviler Armbanduhrchronograph Kal.59 mit der Werknummer 216847

Remontage um 1946/47 mit einem Rohwerk der aus der Uhrenrohwerke Fabrik Glashütte (Sa.) Akt. Ges.. Originalzustand: Verchromtes Messinggehäuse ohne Lünette, ohne Werknummer und ohne Fabrikzeichen der Uhrenfabrik Akt. Ges. Glashütte (Sa.)  (UFAG) auf der Innenseite des Edelstahlschraubboden. Metallzifferblatt der Pforzheimer Firma Weber & Baral, ohne das Qualitätszeichen "Tutima" der UFAG.

Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.

Literatur:

 

  • Dr. Ernst Kurtz - Der Glashütter Armbanduhren-Pionier; Autoren: Klaus Pöhlmann, Reinhard Reichel; Fachzeitschrift: Klassik Uhren Nr. 3/2006;
  • Glashütter Armbanduhren II; Autor: Kurt Herkner; Herkner Verlags GmbH; ISBN 3-924211-06-X
  • Lexikon der Deutschen Uhrenindustrie 1850 - 1980 : Firmenadressen, Fertigungsprogramm, Firmenzeichen, Markennamen, Firmengeschichten; Autor: Hans Heinrich Schmid; Herausgeber: Förderkreis Lebendiges Uhrenindustriemuseum e.V.; ISBN 3927987913

Aktualisiert 20.11.2024

Deutsches Uhrenmuseum Glashütte - Das Bild  mit Video hinterlegt
Deutsches Uhrenmuseum Glashütte - Das Bild mit Video hinterlegt

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