Bereits bei Gründung der Glashütter Uhrenbetriebe im Juli 1951 verfügte die GUB durch die Eingliederung der 1948 verstaatlichten und in
Lange & Söhne VEB umbenannten Firma A. Lange & Söhne über deren Palette von Präzisions- und Güteuhren. Während der Begriff Präzisionsuhr als sehr genau gehende Uhr Eingang in den Duden gefunden hat, trifft das für die Güteuhr nicht zu. Am ehesten lässt sich der Begriff Güteuhr der GUB damit beschreiben, dass es sich dabei um ein qualitativ hochwertiges Armbanduhrkaliber handelt, für das das höchste Gütezeichen der DDR, das Q, beantragt und erteilt worden ist. Nicht zu verwechseln mit einem Chronometer. Die Interessenvertretung der Schweizer Uhrenhersteller einigte sich 1951 auf folgende Definition, die hauptsächlich für Armbanduhrchronometer angewendet wurde: „Ein Chronometer ist eine Präzisionsuhr, die in verschiedenen Lagen sowie unter unterschiedlichen Temperaturen reguliert ist und einen offiziellen Gangschein erhalten hat".
Bei den von VEB Lange & Söhne übernommenen Präzisionsuhren handelte es sich um das Marine Chronometer Kaliber 100, das Einheitschronometer und die Beobachtungsuhren Kaliber 48 und 48.1. Bei den aus den B-Uhren heraus entwickelten beiden Armbanduhrkalibern 28 und 28.1 dürfte es sich um zwei der ersten DDR Produkte gehandelt haben, denen, neben den vorgenannten Kalibern, aufgrund ihrer ausgezeichneten Qualität das Gütezeichen Q verliehen worden ist, und das bereits 1950. Diese bis in die zweite Hälfte der 1950er Jahr produzierten Güteuhren sind die einzigen, die anhand ihrer Werk- und Gehäusenummern nachweisbar in Verkaufsbüchern erfasst wurden. Die Verkaufsbücher sind heute die Grundlage für Arcivauszüge, die vom Deutschen Uhrenmuseum Glashütte ausgestellt werden können.
Es handelt sich bei diesen beiden Kalibern aber definitiv um die ersten Güteuhren der GUB.
In den folgenden 10 Jahren konnten mit der Eigenentwicklung der Kalibergruppe 60 diesem Sortiment mit den Herrenarmbanduhrkalibern 60.2 und 60.3 zwei weitere Güteuhrkaliber hinzugefügt werden.
GUB Armbandchronometer Kaliber 60.3
Nach einem Jahr der Fertigung musste 1959 wegen der schlechten Ablesbarkeit des Datums die Fertigung des Werkkalibers 66 und der damit verbundenen geringen Nachfrage eingestellt werden. Da die in der Forschungsabteilung der GUB in Entwicklung befindliche neue Kalibergruppe 70, die auch ein Armbandchronometer beinhaltete, noch nicht marktreif war, musste eine Übergangslösung gefunden werden, um trotzdem die Staatsplanauflagen zumindest in finanzieller Hinsicht erfüllen zu können. Es wurden deshalb ausgewählte Werke des Güteuhrkalibers 60.3 einer besonderen Präzisionsreglage unterzogen, um den internationalen Anforderungen an die Ganggenauigkeit eines Armbanduhrchronometers zu entsprechen und dieses bis zur Marktreife der Kalibergruppe 70 in den Handel zu bringen.
Bei den Güteuhren der Kalibergruppe 60 wurden Werk- und Gehäusenummer lediglich auf den Garantiescheinen vermerkt, sodass die Echtheit dieser Güteuhren nur im Zusammenhang mit dem dazugehörigen Garantieschein zweifelsfrei nachzuweisen ist.
Weiße Unruh bei GUB Güteuhren Kaliber 60.2 & 60.3
Neben den besseren Gangleistungen legte die GUB in den 1950er Jahren, ganz in der Glashütter Tradition, auch besonderen Wert auf eine ansprechende Optik ihrer Gütewerke. Der Glashütter Sonnenschliff auf Kron- und Sperrrad, die vergoldete Schraubenunruh, Lagersteine teilweise in Goldchatons und polierte Werkschraubenköpfe mit gebrochenen Kanten waren bei den Güteuhren der Kalibergruppe 60 Standard. Anfänglich wurden auch in geringem Umfang Werke des Kaliber 60 mit Genfer Streifenschliff dekoriert, die aber keine Gütewerke waren. Die von Lange & Söhne übernommenen Gütewerke Kaliber 28 und 28.1 wurden in der Regel körnig versilbert und 1437 Stück des Kalibers 28.1 wurden in von der Bundesrepublik eingeführten 14-karätigen Goldgehäusen eingeschalt.
Da Edelstahlgehäuse für Armbanduhren bis 1956 in der DDR weder hergestellt noch eingeführt worden sind, existiert nur eine geringe Anzahl Güteuhren des Kaliber 60 in den wenigen Gehäusen die zwischen 1956 und 1960 von der Firma Rodi & Wienenberger AG Pforzheim in verschiedenen Varianten eingeführt worden sind.
Die bis 1959 nicht behobenen konstruktiven Mängel des Damenarmbanduhrkalibers 63 machten die Entwicklung eines serienreifen Damengütewerkes aus diesem Kaliber heraus unmöglich.
Zum Ausgang der 1950er Jahre erhielten die Glashütter Uhrenbetriebe die Staatsplanaufgabe mit Unterstützung der Ingenieurschule für Feinwerktechnik, der ehemaligen Deutschen Uhrmacherschule ein neues, moderneres, chronometer- und vor allen exportfähiges Armbanduhrkaliber zu entwickeln. Es entstand daraus 1960 die Kalibergruppe 70 mit dem Grundwerk Kaliber 70.1 und dem ersten zertifizierten Armbanduhrchronometern Kaliber 70.1, welches 1964 ohne konstruktive Veränderungen zum eigenständigen Güteuhrkaliber 70.3 und dem Armbanduhrchronometer Kaliber 70.3 mit entsprechendem Zertifikat umgewidmet wurde. Allen drei genannten Kalibern ist das Gütezeichen Q verliehen worden. Die Meisten dieser Güteuhren und Chronometer wurden, wie geplant, exportiert. Dabei ging ein erheblicher Teil als Devisenbringer in die Bundesrepublik Deutschland, wo die zertifizierten GUB Chronometer u.a. für 98,- DM beim Versandhaus Quelle angeboten wurden. Als äußerliches Kennzeichen der Güteuhren wurde, wie bereits seit 1950 üblich, das schon bekannte Q mit der 1,aus der Mitte auf die Zifferblätter gedruckt. Auf dem Werk ist das Gütezeichen Q ausschließlich bei den Kalibern 28 und 28.1 anzutreffen.
Bei dem nur 1964 produzierten und beim Versandhaus „Quelle“ vertriebenen Automatikkaliber 68.4 handelt es sich nicht um eine Güteuhr.
1964 war es der GUB mit der „Spezimatic“ in den Ausführungen Kaliber 74 ohne Datum und Kaliber 75 mit Datum gelungen, ihr erstes superflaches Güteuhrkaliber mit automatischem Aufzug auf den Markt zu bringen. 16 Jahre, bis 1980, wurden diese Güteuhrkaliber von den GUB, bis auf eine Ausnahme der vergoldeten Werkausführung Kaliber 06-66, ohne wesentliche Veränderungen produziert. Der Qualitätsnachweis erfolgte bei diesen Kalibern nur noch auf dem Garantieschein.
1978 wird mit der Einführung der Kalibergruppe 11, den Automatikgüteuhrenuhren 11-26 und 11-27, die bis 1980 produziert werden, bis 1990 die vorläufig letzte Etappe des Baus mechanischer Armbanduhren bei der GUB eingeläutet.
Die Quarzuhr hatte den mechanischen Güteuhren der GUB, und nicht nur denen, zumindest vorübergehend den Rang abgelaufen.
Noch in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre begann man mit der Entwicklung einer neuen hochwertigen mechanischen Automatikuhr. Noch in der DDR zeichnerisch fertig gestellt, konnte das neue Güteuhrkaliber 10-30 der GUB, den gesellschaftlichen Umwälzungen geschuldet, aber erst 1993 von der in der Umstrukturierung befindlichen GUB GmbH in verschiedenen Ausführungen auf den Markt gebracht werden. Mit der endgültigen Privatisierung 1994 beginnt mit der „Uhren Manufaktur Glashütte Original“ und der Ausrichtung auf das Luxussegment mechanischen Uhrenbaus ein völlig neuer Abschnitt der Herstellung mechanischer Uhren in Glashütte.
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen entsprechend ergänzt.