Die ersten noch von der Firma A. Lange & Söhne vor der Verstaatlichung im April 1948 aus dem hochpräzisen Kaliber 48, der Lange Beobachtungsuhr,
heraus entwickelten eigenen Herrenarmbanduhren Kaliber 28 mit dezentraler- und 28.1 mit indirekter Zentralsekunde kamen 1948 auf den Markt. Einen Beleg für die Behauptung, dass die ersten 100
Werke noch mit einer Rückerfeineinstellung durch Exzenter ausgestattet waren, ist bisher nicht bekannt.
Noch offen ist die Frage, ab wann genau diesen Uhren das höchste Gütezeichen der DDR, Q1, verliehen wurde.
Dazu sind folgende belegbare Fakten zu beachten:
Die DDR wurde am 7.10.1949 gegründet.
Vom 24.11.1949 bis 21.02.1950 regeln die Ministerien für Planung, Industrie und Finanzen gemeinsam in vier Verordnungen und den entsprechenden Durchführungsbestimmungen u.a. auch die Einführung und Vergabevorschriften des Gütezeichens Q, dass als höchstes Gütezeichen der DDR nur für besondere Erzeugnisse, die durch ihre herausragende Qualität besonders dafür geeignet sind, den Export zu steigern, verliehen wurde. Veröffentlicht werden diese Verordnungen im Amtsblatt des Deutschen Amtes für Maße und Gewicht (DAMG), Ausgabe 1. Mai 1950.
Diese Fakten belegen, dass es vor dem 21. Februar 1950 in der DDR kein Produkt mit dem Gütezeichen Q1 gegeben haben kann. Ob es etwas ähnliches schon vorher auf Länderebene gegeben hat, ist bisher nicht belegbar. Das hätte zur Folge, dass zumindest die Armbanduhren der Kaliber 28 und 28.1, die vor dem 21. Februar 1950 gefertigt und in den Handel gebracht wurden noch nicht auf Zifferblatt und Räderwerkbrücke mit dem DDR Gütezeichen Q1 signiert gewesen sein konnten.
Diese Argumentation wird dadurch gestützt, dass bisher keine Uhr dieser Kaliber mit dem Gütezeichen Q1 aus der Zeit vor Februar 1950 nachgewiesen ist.
Die früheste mir bekannte Uhr Kaliber 28 hat die Werknummer 120.053 und kam im November 1950 mit der Signaturen des Gütezeichens Q auf dem Zifferblatt, aber noch nicht auf der Räderwerkbrücke, auf den Markt. Dass dieses Werk nicht mit einer Rückerfeineinstellung ausgestattet ist, stützt die Aussage, über den Beginn der Werknummern vor 120.000 für die Kaliber 28 und 28.1.
Wenn man über einen längeren Zeitraum Werknummern und Verkaufszeiten vergleicht, kommt man auf eine monatliche Produktionszahl, die zwischen 200 und 300 Stück dieser Uhren gelegen haben dürfte. Davon ausgehend, dass die Produktion der Kaliber 28 und 28.1 im Jahr 1949 begonnen hat und die Uhr mit der Werknummer 120.053 im November 1950 verkauft wurde, stützt diese Aussage ebenfalls.
Weitere Recherchen zur Konkretisierung der Angaben erfolgen derzeit.
Schätzung der monatlichen Fertigung der Kaliber 28 und 28.1
Eine Auswertung der Verkaufsunterlagen der Firma Mechanik Lange & Söhne VEB sowie der GUB in der Zeitspanne von 1950 bis 1954 hat, beginnend mit dem 9. Dezember 1950 und der Werknummer 120510 bis 1. November 1954 und der Werknummer 130265, eine Anzahl von 9.755 verkauften Uhren beider Kaliber ergeben. Das würde zusammengenommen einer monatlichen Produktionskapazität von etwa 200 Uhren für beide Kaliber 28 und 28.1 entsprechen. Auch Prüfungen von Werknummern und Verkaufsunterlagen in dem dazwischen liegendem Zeitraum lassen den Schluss zu, dass die vorgenannte Fertigungszahl relativ konstant über den genannten Zeitraum erbracht wurde. Da aus den Unterlagen von Mechanik Lange & Söhne und GUB eine Gesamtfertigungszeit von 1949 bis 1957 nachvollziehbar ist, lässt dich die Gesamtzahl der produzierten Werke beider Kaliber auf nicht ganz 22.000 Stück abschätzen.
Der Fabrikabgabepreis an den Großhandel belief sich für verchromte und vergoldete Modellausführungen in diesem Zeitraum zwischen 137,- DM und 168,- DM.
Diese frühe HAU Kaliber 28 mit der Werknummer 120053 wurde 1950 von Mechanik Lange & Söhne VEB gefertigt. Die Bohrungen auf der Räderwerkbrücke lassen darauf schließen, dass hier bereits eine Verwendung für das Kaliber 28.1 möglich, gegebenenfalls auch vorgesehen war. Aufgrund des einheitlichen Erhaltungszustandes des Werkes vor allem der Brücken und Kloben, scheint ein nachträglicher Wechsel der Räderwerkbrücke nicht wahrscheinlich.
Siehe dazu auch Werkansicht Kal.28.1
Die baugleichen Werke der Kaliber 28 und 28.1 von "Mechanik Lange & Söhne VEB" und "GUB" haben eine unter der Unruh in die Platine geprägte Werknummer. Anhand der erhaltenen und von den GUB in Bezug auf die übernommene Produktpalette der Firma „Mechanik Lange & Söhne VEB“, fortgeführten Werk- und Verkaufsbücher, sind diese Uhren heute noch nachweisbar.
Das Deutsche Uhrenmuseum Glashütte erstellt auf der Grundlage geeigneter Objekt- oder Bildnachweise, dazu einen entsprechenden Archivauszug. Die Kosten betragen pro Archivauszug 150,- Euro.
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.