Ende 1948 vom "VEB Mechanik Lange & Söhne" vollendete, offene Taschenuhr mit Auf- und Abwerk, im 900er Silbergehäuse und schwarzem Regulatorzifferblatt. Bestellt und in Auftrag gegeben von der sowjetischen Handelsorganisation GSOW, die den Auftrag dann aber storniert hatte.
In Auftrag gegeben wurde die Fertigung dieser Uhr sowie 44 weitere von der sowjetischen Handelsorganisation GSOW am14. Mai 1949. Allerdings wurde der Auftrag nach Fertigstellung von der GSOW storniert und nicht abgenommen. Welche Gründ es dafür gab ist derzeit nicht bekannt. Die Uhren wurden dann über Jahre hinweg bis 1954 auch noch vom VEB Mechanik Glashütter Uhrenbetriebe, einzeln verkauft.
Einen Interessanten Einblick in die Praxis der sowjetischen Handelsorganisationen in der SBZ und den frühen Jahren der DDR vermittelt der nachfolgende Beitrag.
Erläuterungen zum von "VEB Mechanik Lange & Söhne" modifizierten Kaliber 43 Typ 3.2 der "Deutschen Präzisions-Uhrenfabrik e. G. m. b. H. Glashütte Sa."
zu Nr. 1 - 2/3 Platine - unverändert
zu Nr. 2 - Separater Gangradkloben - unverändert
zu Nr. 3 - Anstelle der für dieses Werk von Hugo Müller erfundenen und
patentierten Hemmung mit halbungleichschenkligem
Ausgleichsanker und offenen Paletten wurde ein Anker
verwendet, der dem der Glashütter Hemmung täuschend
ähnlich sieht. Bei diesem Anker wurde allerdings in der
Eingangsklaue auf den Stift, welcher der Begrenzung des
verlorenen Weges dient, zugunsten von zwei durch den
Unruhkloben verdeckten Begrenzungsstiften an der Ankergabel
verzichtet.
zu Nr. 4 - Werkgestell ist, bis auf die neuen Bohrungen für die
Begrenzungsstifte, unverändert. Die alten Bohrungen für die
Exzenterschrauben der "Müller Hemmung" sind noch
erkennbar.
Zifferblattseitige Werkansicht des "Müller Werkes" links und rechts das vom "VEB Mechanik Lange & Söhne"
Erkennbare Modifikationen des rechten Werkes, am Aufzug, der Zeigerstellung sowie ein zusätzliches Auf- und Abwerk (Gangreserveanzeige).
Die hier dokumentierte, vom VEB Mechanik Lange & Söhne vollendete, offene, silberne Taschenuhr mit der identischen Werk- und Gehäusenummer 301771 weist neben einer interessanten Historie auch gleichzeitig mehrere Besonderheiten auf. Bei dem Werk handelt es sich um das von Hugo Müller 1924 entwickelte Kaliber 43 Typ 3.2 der Deutschen Präzisionsuhrenfabrik e. G.m.b.H. Glashütte, welches nach dem Konkurs der DPUG von der Uhrenfabrik Akt. Ges. Glashütte weiter gefertigt wurde und von dem offensichtlich noch vorhandene Restbestände nach dem 2. Weltkrieg und der reparationsbedingten Demontage der Urofa und Ufag, von dem ehemaligen, inzwischen verstaatlichten Konkurrenten VEB Mechanik Lange & Söhne übernommenen und modifiziert vollendet wurden. Der für das Werk von Hugo Müller entwickelte und patentierte halbungleichschenklige Gleichgewichtsanker mit Exzenterschrauben zur Begrenzung des verlorenen Weges wurde nicht mehr angewendet. Die Bohrungen für die Exzenterschrauben wurden verfüllt und es wurde ein Stahlanker mit verdeckten Paletten, ähnlich dem von Adolph Lange entwickelten Glashütter Goldanker, aber ohne den von der Eingangsklaue des Ankers durch die Werkplatine geführten Begrenzungsstift, verwendet. Dafür wurden an der Ankergabel zwei Begrenzungsstifte gesetzt, die durch den Unruhkloben verdeckt sind und die diese bisher noch nicht dokumentierte Hemmung täuschend echt wie die Glashütter Hemmung erscheinen lässt. Verkauft wurden diese Uhren von der DDR nach der Währungsreform für 400,- DM (West) u. a. an den Westberliner Großhändler Alfred Konka, der dafür aber auch das Silber liefern musste.
Glashütter Präzisions-Taschenuhr im offenen 800er Silbergehäuse.
Ein Uhrwerk mit bewegter Geschichte. Von der Entstehung in der Weimarer Republik über das 3. Reich, die Sowjetische Besatzungszone, die DDR in das wiedervereinte Deutschland.
Bei dem Savonette Rohwerk handelt es sich um das von Hugo Müller entwickelte, körnig vergoldete Messingwerk Kaliber 3 der Deutsche-Präzisionsuhr "Original Glashütte" mit dem Werkdurchmesser von 43 mm. Ausgestattet ist die Glashütter Präzisionsuhr mit einem Schwarz lackierten Metallzifferblatt mit weissen, nicht leuchtenden, polierten Stahlzeigern. 16 Steine, Mittelstein im 3-fach geschraubten Goldfutter, bimetallische Kompensationsunruh, Breguet-Spirale, Glashütter Sonnenschliff auf Kron- und Sperrrad. Die Anordnung der Zeiger: Grosser Minutenzeiger aus der Mitte, kleiner Sekundenzeiger rechts, kleiner Stundenzeiger links. Das Rohwerk stammt aus der 1926 von der Uhrenrohwerke-Fabrik A G Glashütte übernommenen Konkursmasse der Deutschen-Präzisionsuhren-Fabrik e. G. m. b. H. Glashütte.
Vollendet wurde die Uhr erst nach der am 20. April 1948 erfolgten Verstaatlichung der Firma A. Lange & Söhne, als Bestandteil einer kleinen Serie gleicher Modelle, am 31.12.1948, durch VEB Mechanik Lange & Söhne. Der Preis dieser Uhren war im Mai 1949 mit 500,- DM festgesetzt worden. Aus Datum und Währung (Wärungsreform1948) kann auf eine Fertigung für die Trizone, die spätere Bundesrepublik Deutschland, geschlossen werden. Teile der Serie wurden aber in Einzelstücken bis 1953 auch in der DDR verkauft. Die gezeigte Uhr z.B. am 30.06.1953 an die Deutsche Handelszentrale Halle (DHZ). Dort verliert sich vorerst ihre Spur. Es ist nicht auszuschließen, dass sie dann an den damaligen Obermeister der Uhrmacherinnung des Bezirkes Halle verkauft wurde. Heute ist die im Originalzustand erhaltene und hervorragend gepflegte Uhr Bestandteil in einer privaten Sammlung.
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.