Noch vor Kriegsende 1945 verlagerte der Betriebsleiter Dr. jur. Ernst Kurtz, eine unbekannte Anzahl von Werken bzw. Einzelteilen in die in der späteren amerikanischen Besatzungszone liegende Glashütter Außenstelle der Urofa, in Memmelsdorf. Dort wurden nach Kriegsende diese Restbestände in der von ihm neu gegründeten Firma " Dr. Kurtz Glashütter Tradition", remontiert und an die US-Armee geliefert.
Bei diesen Uhren wurde auf das Tutima Logo und zumindest Teilweise auf die Drehlynette verzichtet.
Mit der durch die sowjetische Besatzungsmacht angeordneten und im Juli 1945 durchgeführten kompletten Demontage der Fertigungsanlagen der Urofa und Ufag, kamen ebenfalls noch vorhandene Restbestände in von Rohwerken und Einzelteilen in erheblichem Umfang nach Moskau, in die damalige Sowjetunion.
1945, am Ende des zweiten Weltkrieges, verblieben in den Remontierwerkstätten bei denen Tutima Fliegerchronographen Kaliber 59 der Urofa remontiert wurden, eine nicht mehr feststellbare Anzahl von Rohwerken in den verschiedenen Fertigungsstufen und diverse Einzelteile übrig. In einer süddeutschen Remontierwerkstatt, es könnte sich dabei um die Firma Schieron in Stuttgart gehandelt haben, wurde nach der Besetzung der französischen Zone durch französische Behörden noch eine geringe Anzahl von diesen Rohwerken und Einzelteilen aufgefunden und beschlagnahmt. Diese Teile wurden in die französische Uhrenstadt Besançon zur Firma Dodane verbracht. Dort sollte geprüft werden, ob sich ein Nachbau für die französische Luftwaffe realisieren ließe. Es wurden etwa in der Größenordnung um10 Fliegerchronographen aus den verschiedenen beschlagnahmten Teilen remontiert. Da bei Dodane bereits während der deutschen Besetzung Glashütter Rohwerke remontiert worden sind, ist nachvollziehbar, dass man diese Firma für die Arbeiten ausgewählt hatte.
Da man über keinerlei zeichnerische Unterlagen verfügte, konnte man aber nicht auf die serienmäßigen Ausstattungsvarianten der Urofa achten. Aus der nur teilweise das Markenzeichen der Ufag überdeckenden Überdruckung des originalen Zifferblattes mit 3 Sternen und dem Firmen Logo DOD für Dodane, kann man schlussfolgern, dass es sich bei diesen wenigen Fliegerchronographen um die Prototypen für den im Anschluss, nicht nur in Besancon bei Dodane gefertigten, französischen Fliegerchronographen Typ 20 gehandelt hat, der auch im Indochinakrieg bei der französischen Luftwaffe zum Einsatz kam.
Fliegerchronograph mit dem Glashütter Werkkaliber 59 der UROFA
Nach Ende des zweiten Weltkrieges sind eine geringe Anzahl des "Tutima" Fliegerchronographen Kaliber 59, bei denen auf dem Zifferblatt das Tutima Signet und der Schriftzug Glashütte überdruckt sind, dokumentiert. Auch bei dem hier vorgestellten Chronogeaph handelt es sich um ein solches Exemplar. Zusätzlich ist noch der Schriftzug "IRAM" aufgedruckt. Diese Schutzmarke ist der französichen Firma DODANE in Becancon zuzuordnen. Aus Aufzeichnungen vom Vorstand der UFAG Dr. Kurtz ist bekannt, dass zu dieser Firma bis 1945 persönliche Beziehungen bestanden und sehr wahrscheinlich während der Zeit der Besetzung Frankreichs in der Firma Rohwerke des Fliegerchronographen Kal. 59 remontiert wurden. Ob es sich bei der vorgestellten Uhr um Restbestände aus dieser Fertigung handelt oder sie anderweitig zur Firma Dodane gekommen ist, werden vielleicht zukünftige Recherchen klären können. Die nicht mit der Werknummer übereinstimmende Bodennummer könnte in diesem Falle ein Indiz dafür sein.
Da es sich bei dem Tutima Fliegerchronographen Urofa Kaliber 59 um eine rein militärische Entwicklung gehandelt hat und demzufolge auch im zivilen Bereich keine Funituren gehandelt worden sind, findet man das Kaliber bis 1945 auch nicht in den Werksuchern von Flume und Jacob.
Da das gesamte Inventar der Urofa und Ufag 1945 bis auf die letzte Schraube als Reparationsgut nach Moskau verbracht worden war, ist es um so erstaunlicher, dass das Werkkaliber Urofa 59 1949 als Glashütter Chronographenwerk 15“/59 beim Leipziger Furniturenhändler Jacob im Werksucher auf Seite 289 auftaucht. Noch verwunderlicher ist dabei die Tatsache, dass das geschah, obwohl zur gleichen Zeit noch bis 1951 die streng geheime Remontage des Fliegerchronographen in der Moskauer Uhrenfabrik lief und dort die noch von der Urofa vorgefertigten Einzelteile langsam zur Neige gingen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass Jacob zumindest über soviel Funituren verfügen konnte, welche eine Aufnahme in den Katalog rechtfertigten. Stellt sich die Frage, woher kamen diese? Logisch erscheint die Erklärung, dass Jacob Restbestände von Dr. Kurtz, der inzwischen die Remontage des Chronographen in Memmelsdorf Unterfranken (amerikanische Besatzungszone) aufgrund fehlender Einzelteile zur kompletten Remontage eingestellt und in Schwäbisch Gmünd mit der Fertigung seines neuen HAU Kalibers 25 und 25.1 sowie DAU 12 begonnen hatte, aufgekauft hat. Das Gleiche könnte aber auch auf Restbestände nicht in Glashütte ansässiger Remontagefirmen zutreffen.
Werkfragment Urofa Kaliber 59 Klobennummer 217962
Dieses unvollendete Werkfragment stammt aus erster Hand aus einem 2011 aufgelösten Uhrmachernachlass. Hier wurde nach 1945 der Versuch gemacht aus zum Teil nicht zusammengehörigen Rohwerketeilen einen Chronographen bzw. mindestens eine gangbare Uhr zu fertigen. Der Versuch war allerdings dadurch zum Scheitern verurteilt, weil nicht mehr alle fehlenden Teile zu beschaffen waren. So wurde das Fragment - in der Hoffnung es später einmal zu vollenden - zuerst gut verpackt gelagert, später vergessen und erst im Nachlass wiedergefunden. Dieses Artefakt mit der Klobennummer 217962 ist wiederum ein starkes Indiz dafür, dass bis Kriegsende 1945, wenn überhaupt, insgesamt nur wenig mehr als 15.000 Fliegerchronographen vom Urofa Kaliber 59 remontiert wurden.
Auch bei diesem Modell ist sowohl am Werk (z.B. Steine in Chatons), als auch vom Zifferblatt her erkennbar, dass die Uhr nicht aus der Kriegsproduktion stammt.
448. Schaltradchronograf der 1. Moskauer Uhrenfabrik mit dem
UROFA Werkkaliber 59
Fliegerchronograf der 1. Moskauer Uhrenfabrik mit dem Werkkaliber 59 der Uhren-Rohwerke-Fabrik Akt. Ges. Glashütte
Das hier vorgestellte Modell eines sehr gut erhaltenen sowjetischen Fliegerchronografen wurde mit Werkteilen der Kriegsfertigung des Kaliber 59 der UROFA Glashütte im zweiten Quartal 1949 in der 1. Moskauer Uhrenfabrik gefertigt. Der komplette mobile Bestand der UROFA und der UFAG war im August 1945 als Reparationsleistung nach Moskau verbracht worden. Es handelt sich hier um den 1463. Fliegerchronografen sowjetischer Fertigung. Das Zifferblattsignet besteht aus den Anfangsbuchstaben der 1. Moskauer Uhrenfabrik mit dem Namenszusatz von S. M. Kirow, dessen Namen die Fabrik trug. Auch der Sekundenradkloben hat das Signet der 1. Moskauer Uhrenfabrik. Trotzt der Verwendung von Drahtfedern für die Schalthebel- und Sekundenwippenfeder wurde die Fertigungsqualität des Uhrwerkes gegenüber der letzten Jahre der Kriegsfertigung der UROFA wesentlich verbessert und entspricht eher dem der ersten zwei Jahre der Glashütter Fertigung. Da nicht genügend Gehäuse aus Glashütte zur Verfügung standen, wurde in der Sowjetunion ein eigenständiges Gehäuse ohne Werknummer auf dem Schraubboden für den Fliegerchronografen hergestellt. Bis zur Einstellung der Fertigung 1951 wurden etwa 4.000 Stück gefertigt.
Quelle: Uhren-Magazin Nr. 11 von 1998 S.128-139
Das Demontagegut wurde in der 1. Moskauer Uhrenfabrik aufgebaut. Anfänglich wurden noch die Restbestände des Kalibers 59 remontiert, bevor dann nach und nach die fehlenden Teile durch die eigene Fertigung ersetzt wurden.
Anhand der Demontagelisten kann man davon ausgehen, dass in etwa 600 Werke und Tausende Einzelteile der 1. Moskauer Uhrenfabrik zur Verfügung standen.
Schaltradchronograph mit Urofa Kaliber 59
vollendet in der 1. Moskauer Uhrenfabrik
Als nach Ende des 2. Weltkrieges 1945 der komplette Maschinenpark und das mobile Inventar der Glashütter Firmen Urofa und Ufag als Reparationsleistungen nach Moskau gebracht wurden, kamen neben tausenden Rohwerteilen des Urofa-Kalibers 59 auch eine geringe Anzahl kompletter Rohwerke des Tutima Fliegerchronographen zur 1. Moskauer Uhrenfabrik. Bei dem hier vorgestellten und hervorragend original erhaltenen Schaltradchronographen mit der Werknummer 217010 handelt es sich um eines der wenigen noch existenten in Moskau mit eigenem Gehäuse vollendeten Exemplare.
Ein Fliegerchronograph mit der Glashütter Werknummer 217116, der 1948 in der 1.Moskauer Uhrenfabrik gefertigt wurde, weist außer dem Moskauer Zifferblattsignet, noch keine Veränderungen zur Glashütter Produktion der Urofa auf.
Mit der eigenständigen Moskauer Werknummerierung beginnen auch die Veränderungen am Werkkaliber Urofa 59, wie man bereits an den gezeigten Werkbilder mit der Werknummern 0482, 01797 und bei dem im vierten Quartal 1949 mit der Serienummer 02161, nachgewiesenen Modell ersehen kann. Auf der Platine wurde dann auch das Jahr und das Quartal der Fertigung des Chronographen eingeprägt.
Die Veränderungen betreffen weiterhin, die Anzahl der Steine, die jetzt 19 statt 17 betragen, den Unruhkloben, den Zentrumsradkloben, Sekundenradkloben, den Ankerradkloben, die Drahtfedern und eine Gravur auf der Federhausbrücke.
Ab dem Zeitpunkt dieser Veränderungen sollte man, trotzt großer Ähnlichkeit und vieler Übereinstimmungen, nicht mehr von dem Glashütter Fliegerchronographen Urofa Kaliber 59 sprechen.
1950 kommt es zu einer weiteren entscheidenden Veränderung. Neben einem neuen verchromten Gehäuse bekommt der Chronograph auch ein neues körnig versilbertes Zifferblatt. Im gleichen Zeitraum erscheint auch eine Taschenuhrvariante mit Staubdeckel sowie deckungsgleichen Nummern auf Werk und Zifferblatt. Die ovalen Drücker sind jetzt auch nicht mehr asymetrich angeordnet, wie noch bei der verchromten Armbanduhrvariante.
Nach Auskunft von „Poljot“ sollen insgesamt nicht mehr als 4000 dieser Uhren in der 1. Moskauer Uhrenfabrik gefertigt worden sein.
Einer der mit der Werknummer 00021 ersten ab 1949 bis 1951 in der 1. Moskauer Uhrenfabrik gefertigten ehemaligen Tutima Fliegerchronographen vom UROFA Kaliber 59. In diesen Werken wurden bei Fertigungsbeginn noch Chronographen mit den meisten Werkteilen aus den Beständen der Glashütter Reparationsleistung vollendet, bevor diese nach und nach ersetzt wurden. Die Werkausführungen der Moskauer Fertigung sind Aufgrund der gegenüber in den letzten Kriegsjahren vereinfacht gefertigten Werken mit ihren 17 statt 15 Steinen und einer verbesserten Finissage als höherwertig einzuschätzen. Da die nach Glashütter Provenienz verbesserte Finnisage mit der Anglierung vieler Werkteile nicht die Gangeigenschaften des Chronographen optimiert, kann man den Einfluss der aus Glashütte stammenden und zu Beginn der 1930er Jahre ausgewanderten, in der Moskauer Uhrenfabrik tätigen Fachleute vermuten.
Mit dieser Taschenuhr-Modellvariante endet 1951, zehn Jahre nach der Entwicklung und Fertigung des Schaltradchronographen Kaliber 59 durch die UROFA und Uhrenfabrik Akt Ges. Glashütte, die Geschichte dieses Werkes in der UdSSR in der 1. und 2. Moskauer Uhrenfabrik. 1949 vier Jahre nach der reparationsbedingten Demontage der UROFA und der UFAG begann man in der 1. Moskauer Uhrenfabrik, anfangs noch mit Glashütter Originalteilen, mit der Fertigung des Kaliber 59. Eine erste Modifizierung ohne Drehlünette, mit weißem Zifferblatt, verchromten Gehäuse und flachen Drückern erfolgte 1950. Die zweite Modifizierung als TU stellt zugleich das Ende der Fertigung 1951 dar. Anhand der Werknummer wird ersichtlich, dass in Moskau noch rund 4.000 Uhren dieses Kalibers gefertigt wurden. Nachweislich wurden bis 1945 ca. 15.000 Fliegerchronographen Kaliber 59 produziert. Die verschiedentlich in der Literatur angegeben Fertigungszahl von 30.000 Stück ist nicht belegt. Bei der Aufstellung diese Zahl ist man höchstwahrscheinlich von der maximalen, monatlichen Fertigungskapazität der UROFA von Rohwerketeilen für 1.200 Schaltradchronographenwerke ausgegangen. Diese Zahl nennt Helmut Klemmer, der damalige Betriebsführer der UROFA, 1980 in seinen Memoiren.
Die Fertigungszahlen von Uhren mit dem Kal. 59 stellen sich nach derzeitigem Kenntnisstand in etwa wie folgt dar:
1941-1945 Werknummer 200.000-215.000 UFAG & weitere Remontagefabriken
1945-1947 Werknummer 215.001-217.000 Dr. Ernst Kurtz Uhrenfabrik Memmelsdorf (ohne werkseitige Bodennummer)
1949-1951 Werknummer 00.000-04.100 Moskauer Uhrenfabrik
TU 1. Moskauer Uhrenfabrik mit Schaltradchronograf UROFA Kal. 59
Mit dieser Ausführung als Taschenuhr des ehemaligen Tutima Fliegerchronographen der Uhrenfabrik Akt. Ges. Glashütte mit dem Werkkaliber 59 der Uhren Rohwerkefabrik Akt. Ges. Glashütte durch die 1. Moskauer Uhrenfabrik endete 1951 die 1949 begonnene Fertigung des Schaltradchronografen. Der Werknummer nach dürfte sich die Gesamtfertigung in der Sowjetunion nur auf ca. 4000 Uhren mit diesem Kaliber, in der Mehrzahl als Armbanduhrchronograf, belaufen. Bisher konnten nur drei Uhren in dieser Ausführung verifizierbar als noch existent dokumentiert werden.
Die erste Renaissance erlebte das Chronographenwerk in der DDR. Von 1954 bis 1961 wurde nach dem Vorbild des Kalibers 59 das auf 12 ½ Linien verkleinerte baugleiche Kaliber GUB 64 mit selbst gefertigten Teilen in importierten, verchromten und vergoldeten französischen Gehäusen, ausschließlich für den zivilen Gebrauch, von den Glashütter Uhrenbetrieben in einer Auflage von ca. 12.500 Stück produziert.
Werkvergleich Urofa 59 links und GUB 64 rechts
Da der zivile Schaltradchronograph ( Armbanduhrstopper) Kaliber 64 der Glashütter Uhrenbetriebe die
verkleinerte Ausführung des Tutima Fliegerchronographen Kaliber 59 ist, hat man anhand der Ersatzteilliste der GUB auch eine Übersicht der Einzelteile des
Urofa Kalibers 59.
Mehr Informationen zu diesem Chronographen findenSie >> hier <<
Die Tutima-Uhrenfabrik GmbH präsentierte 1994, anlässlich des 95. Geburtstages des ehemaligen Geschäftsführers der Urofa & Ufag, Dr. jur. Ernst Kurtz, eine Replik des einstigen 1941-er Originals, allerdings nur mit dem Schweizer Chronographenwerk ETA Kaliber 7760.
Optische Unterscheidungsmerkmale sind z.B. die nicht vorhandene Vertiefung der beiden Hilfszifferblätter und der gleiche Abstand der Funktionsdrücker zur Aufzugskrone. Beim Original hat der untere Drücker konstruktionsbedingt einen größeren Abstand zur Aufzugskrone.
Die automatisierte Montage des heutigen, modernen Schweizer Chronogaphenwerkes
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.