Die Vorgeschichte des ersten in Glashütte serienmäßig gefertigten Armbanduhr Kaliber 51
Nach der Gründung der Uhren-Ruhwerke-Fabrik Akt. Ges. Glashütte und der Uhren-Fabrik Akt. Ges. Glashütte im Dezember 1926 begann man 1927 erstmals mit den materiell-technischen und personellen Vorbereitungen für die serienmäßige Fertigung von Armbanduhren. Entwickelt werden sollte zuerst ein rundes 8 ¾ ‘‘‘ Damenarmbanduhrwerk mit Zylinderhemmung. Bei der Fertigung von Rohwerkteilen setzte man auf ein Neues, aber technisch noch nicht ausgereiftes Andrückverfahren von Weichmessing. Das Verfahren erwies sich als zu ungenau für die für das kleine Werk erforderliche Präzision. Ein weiteres Problem war die auf kleinste Toleranzen angelegte Konstruktion des Werkes.
Als 1928 die ersten Rohwerkteile von der UROFA an die UFAG zur Remontage eintrafen, wurden vom Betriebsleiter der UFAG-Herrn Paul Löwe nachfolgende Mängel festgestellt.
1. „Zunächst liessen sich die Werke überhaupt nicht zusammensetzen; denn das Federhaus war falsch berechnet (0,15 zu groß) und ging überhaupt nicht in das Werk hinein.
2. Die Unruhe war so schwer, dass eine Zugfeder in das Werk musste, die nur 4 ½ Umgang hatte und dadurch nur eine Laufdauer von 28 Stunden gewährleistete. 36 Stunden müssen jedoch unbedingt gewährleistet sein.
3. Die Unruhe war so gross, dass der Prellstift über den Werkrand hinaus ging. In der Praxis hätte man solche Werke gar nicht abgenommen; denn das Einsetzen des Werkes ins Gehäuse hätte in den meisten Fällen mit dem Bruch des Cylinders geendet.
4. Das Minutenrad war so gross, dass die Spirale am Minutenrad streifte. Das Werk konnte also gar nicht richtig gehen.“
Diese Tatsachen hatten Ende 1928 die Entlassung der verantwortlichen Herren Judith, Wippermann und Kulms zur Folge.
Mit der im September 1928 erfolgten Einstellung des Werkzeugmachers Kullmann bei der UROFA wurde das gescheiterte Andrückverfahren der Messingteile aufgegeben und das spanabhebende Hartmessingverfahren für Rohwerkteile eingeführt. Parallel dazu erfolgte unter Anleitung des Betriebsleiters der UFAG-Herrn Paul Löwe, die Umarbeitung des 8 ¾ ‘‘‘ Kaliber mit Zylinderhemmung wie folgt.
1. „Es wurde ein größerer Gang verwendet.
2. Die Unruh wurde verkleinert.
3. Die Stellung der Unruhe wurde verändert, sodass genügend Platz für die Spirale neben dem Minutenrad blieb. Weitere kleinere Veränderungen die zum Teil im Zusammenhang mit diesen grundlegenden Änderungen standen, sollen nicht einzeln erwähnt werden.
Die Umänderungen des 8 ¾ ‘‘‘ Cylinder-Kalibers wurde im Frühjahr 1929 abgeschlossen.“
Quelle: „Begründung und Aufbau der Armbanduhr – Industrie in Glashütte“ Autor; Dr. Ernst Kurtz; ehemaliger geschäftsführender Vorstand der Uhren-Rohwerke-Fabrik Akt. Ges. & Uhrenfabrik Akt. Ges. Glashütte / Sa.
Die in dem 1994 im Eigenverlag von Kurt Herkner erschienenen Buch „Glashütter Armbanduhren“ auf Seite 88 gemachten Angaben zu dem Urofa Kaliber 51 sind in weiten Teilen falsch, irreführend und nicht verifizierbar belegt. Das betrifft sowohl Bildzuordnungen zur Kaliberbeschreibung als auch Produktionszeiten und Angaben zu Produktionszahlen.
Kaliber 51 ist ein Massives Werk bestehend aus dem Zylinderkloben, dem oberen Unruhkloben dem unteren Unruhkloben, der Federhaus- und Räderwerkbrücke, unter der Minutenrad, Kleinbodenrad und das Sekundenrad gelagert sind. Der untere Unruhkloben ist in einer Ausfräsung der Werkplatte mit einer Schraube und zwei Füßen, mit dieser verbunden und trägt den Unruhkloben. Diese Anordnung ermöglichte die Einstellung der Eingriffstiefe zwischen Zylinder und Zylinderrad.
Werkbeschreibung:
Eine neue Technologie mit der die Austauschbarkeit der Gestellteile erreicht wurde, stellte bei der UROFA das Nachschaben der gebohrten Fuß- und Schraubenlöcher dar.
Neu war ebenfalls die im maschinellen Prägeverfahren erzeugte präzise und gleichmäßige Kantenbrechung der Oberseite der Brücken und Kloben. Auch die Zapfen wurden mit diesem Verfahren an die Aufzugteile angedrückt.
Bei der Urofa selbst gefertigt wurden die Teile für das Werkgestell, den Aufzug, die Zeigerstellung und das Federhaus. Alle übrigen Teile wurden aus der Schweiz importiert, wegen der erforderlichen Passarbeit, aber nur von der Ufag montiert.
Eine fertige Uhr mit vergoldetem Gehäuse und Lederband, 9,60 Mark.
Zu geringeren Preisen wurden auch Uhren mit 8,6, 4, oder gar nur 2 Lagersteinen hergestellt. Ein Rohwerk kostete 3,50 Mark. [1]
Werkvergleich der ersten in Deutschen industriell gefertigten Armbanduhrwerke mit Zylinderhemmung.
Dank umfangreicher Recherchen zur Entstehungsgeschichte der ersten Zylinderwerke für Damenarmbanduhren in der ersten Deutschen Uhren-Rohwerke-Fabrik AG UROFA in Glashütte, die nur unter Mithilfe von interessierten Uhrensammlern und Uhrmachern möglich waren, können hier diese Werke dokumentiert und gezeigt werden.
Dabei muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass es sich bei dem in dem Fachbuch "Glashütter Armbanduhren" von Kurt Herkner auf Seite 88 abgebildete Zylinderwerk nicht wie dort beschrieben um ein Werkkaliber 51, sondern um das Werkkaliber 56 handelt. Das schwarz/weiß Bild zeigt dieses Werk.
Werkseitig kann man die Unterschiede bei dem Kaliber 51 zu dem Kaliber 56 eindeutig an der Form des Unruhklobens und dem Abstand zwischen Unruhkloben und Federhausbrücke erkennen. Letzterer ist bei Kaliber 56 deutlich größer.
Der Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, stellt den derzeitigen Kenntnisstand dar und wird, wenn neue verifizierbare Erkenntnisse vorliegen, entsprechend ergänzt.
Uhrwerke und Armbanduhren der Urofa und Ufag Glashütte/Sa.; Autor: Werner Heinrich; Fachzeitschrift: Klassik Uhren 6/2008 S. 38-44